Rückschlag für Polio-Ausrottung

Schluckimpfung gegen Polio (Jemen): Zahl der Neuerkrankungen seit 1988 stark gesunden
Experten sehen Gefahr für Ziele der WHO. In Österreich sind mehr als 95 Prozent der Bevölkerung geimpft

Das ist ein großer Rückschlag für das Ziel der Weltgesundheitsorganisation WHO, Polio (Kinderlähmung) bis 2018 weltweit auszurotten.“ So kommentieren Experten wie Virologe Univ.-Prof. Franz X. Heinz von der MedUni Wien Informationen der WHO, wonach in Syrien zehn Kinder an Kinderlähmung erkrankt sind. Das ist der erste Ausbruch von Polio in Syrien seit 1999.

Seit 1988 ist die Zahl der weltweit jährlich neu auftretenden Fälle um mehr als 99 Prozent zurückgegangen – zuletzt auf 223 im Vorjahr. Auslöser von Poliomyelitis sind Viren, die zu bleibenden Lähmungserscheinungen führen können.

Heuer allerdings waren es bereits am 23. Oktober 301 Fälle – durch einen großen Polio-Ausbruch in Somalia – vor allem in von Islamisten kontrollierten Gebieten. Diese stoppten Impfaktionen von Hilfsorganisationen. In Pakistan, Afghanistan und Nigeria konzentrieren sich die Ausbrüche auf Regionen, die von lokalen Stammesführern kontrolliert werden, die die Impfungen aus ideologischen oder religiösen Gründen ablehnen. Tödliche Angriffe auf Impfteams gefährden dort die mühsam errungenen Fortschritte.

In Österreich wurde zuletzt 1980 ein Fall von Kinderlähmung diagnostiziert, seit 2002 gilt Polio auch offiziell in Österreich als ausgerottet, heißt es im Gesundheitsministerium: Damals wurde erstmals eine 95-prozentige Durchimpfungsrate erreicht, die eine Ausbreitung von Einzelinfektionen verhindert.

Kinder-Impfprogramm

Die Impfung gegen Kinderlähmung ist im Gratis-Kinderimpfprogramm enthalten: Je eine Dosis im dritten, fünften und zwölften Monat, die vierte Teilimpfung erfolgt dann im Alter zwischen sieben und neun Jahren.

Im Alter zwischen 18 und 60 Jahren wird alle zehn Jahre eine Auffrischungsimpfung empfohlen, ab 65 alle fünf Jahre.

Das Gesundheitsministerium informiert derzeit alle Ärzte, dass sie bei plötzlich auftretenden schlaffen Lähmungserscheinungen unbedingt auch nach unmittelbar zurückliegenden Auslandsaufenthalten fragen sollen. Reisende nach Afrika und Asien sollten unbedingt geimpft sein. Die offiziell von Österreich aufgenommenen syrischen Flüchtlinge werden alle genau untersucht.

Bei ihren Programmen zur weltweiten Polioausrottung setzt die WHO den bis in die 80er-Jahre auch in Österreich gebräuchlichen Schluckimpfstoff mit abgeschwächten vermehrungsfähigen Viren ein – er kann im Gegensatz zur Spritze auch von medizinischen Laien verabreicht werden. In sehr seltenen Fällen kann es aber zu einer „Impfpolio“ kommen. Bei dem in Österreich eingesetzten „Totimpfstoff“ in den Spritzen ist das nicht möglich.

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