Pille: Risiko für Blutgerinnsel steigt nur zu Beginn
Die Diskussion um die Sammelklage von 30 Französinnen gegen Pharmakonzerne wegen gesundheitlicher Schäden durch die Pille (der KURIER berichtete) sorgt auch hierzulande für Diskussionen: Ist die Einnahme des beliebten und verhältnismäßigen sicheren Verhütungsmittels ein Gesundheitsrisiko? Ins Gerede sind just jene modernen Präparate der dritten und vierten Generation geraten, die wegen geringerer Nebenwirkungen (etwa Gewichtszunahme, Brustspannen) und geringerer Hormonmenge bei Frauen äußerst beliebt sind. Studien zeigten, dass gerade diese Pillen das Thrombose-Risiko stärker erhöhen als ihre Vorgänger.
Kritik an Studie
Der Gynäkologe Univ.-Prof. Christian Egarter von der MedUni Wien kritisiert, dass die vorliegenden Daten vor allem auf epidemiologischen Untersuchungen (nachträgliche Auswertung statistischer Daten) und nicht auf prospektiv-randomisierten Studien (vorausschauende Studien mit vielen Teilnehmern und einer Kontrollgruppe, die Placebos erhält, etc.) basieren. Die Qualität Letzterer sei wesentlich höher. „Derzeit kommen neue, große Studien von hormonellen Verhütungsmitteln wie Hormonpflaster oder Vaginalring heraus. Sie zeigen alle, dass kein erhöhtes Thrombose-Risiko vorliegt.“
Dass die Einnahme der Pille die Gefahr für Blutgerinnsel erhöht, ist seit der Einführung im Jahr 1960 immer wieder ein Thema: Die Hormone beeinflussen schließlich die Blutgerinnung. „Heute wissen wir, dass das Risiko im ersten Anwendungsjahr am höchsten ist und dann abnimmt“, sagt Egarter. Den Grund kenne man noch nicht genau. Man vermutet, dass sich der Körper darauf einstellt.
Dem für das erhöhte Auftreten von Blutgerinnseln verantwortlichen Inhaltsstoff ist man hingegen schon auf der Spur – möglicherweise das synthetisch hergestellte Gestagen Drospirenon. „Gestagen allein scheint im Gegensatz zu Kombipräparaten aus den Hormonen Östrogen und Gestagen das Risiko nicht zu erhöhen.“ Pillen mit dem Gestagen Levonorgestrel gelten als verhältnismäßig sicher. Bei der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe heißt es: „Kombinierte Antikonzeptiva, die den Wirkstoff Drospirenon enthalten, bergen möglicherweise ein höheres Risiko als solche, die Levonorgestrel oder Norethisteron enthalten.“ Egarter fehlen in der Diskussion die Vorteile moderner Pillen – abseits von schöner Haut oder keine Gewichtszunahme. „Die Gefahr für Eierstock- und Gebärmutterkrebs wird minimiert. Einen Effekt hat man aber erst nach einigen Jahren.“
Absolute Gefahr gering
Egarter betont, dass das Risiko eines gesundheitsgefährdenden Blutgerinnsels „extrem gering“ sei. Bei Frauen, die nicht die Pille nehmen, erleiden drei von 10.000 eine Thrombose, mit der Pille verdoppelt es sich (6 von 10.000 Frauen). Am höchsten ist das Risiko in der Schwangerschaft – bis zu 50 von 10.000 Frauen sind betroffen. Dazu kommen weitere Risikofaktoren wie Rauchen, Übergewicht – und vor allem das Alter. „Allein dadurch verdreifacht sich die Gefahr für ein Blutgerinnsel.“
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