Größter Kinderwunsch: "Mama soll zurückkommen"
"Wenn ich mir Papas Stimme auf der Mobilbox auf meinem Telefon anhöre, ist er mir nah. Es tut weh – aber es ist auch schön."
Der Papa von Laura, 10, ist im Herbst überraschend gestorben – Herzinfarkt.
"Kinder, die erst vor kurzem einen Elternteil verloren oder die Trennung der Eltern hinter sich haben, leiden zu Weihnachten oft ganz besonders", sagt Romi Leonhardt von Rainbows-Wien. Alleine in Wien sind jährlich geschätzte 6000 Kinder von einer Trennung der Eltern oder einem Verlust eines Elternteils betroffen. Die Non-Profit-Organisation Rainbows bietet für diese Kinder eine gruppenpädagogische Unterstützung an.
Solche Sätzen hören Leonhardt und die rund 30 Gruppenbetreuerinnen (alle mit einem Grundberuf im psychosozialen Bereich und speziellen Zusatzausbildungen) immer wieder. "Der größte Weihnachtswunsch von Kindern ist, die Ursprungsfamilie zurückzubekommen. Das können wir natürlich nicht bewirken – aber wir können versuchen, ihre Ängste und Sorgen zu lindern", betont Leonhardt.
Gefühle ausdrücken
"Unsere Gruppen mit mehrere Kindern sind keine Therapie – wir wollen verhindern, dass eine solche überhaupt notwendig wird. Wir versuchen, durch spielerische und kreative Methoden mit den Kindern ins Gespräch zu kommen. Sie sollen Möglichkeiten bekommen, ihre Gefühle auszudrücken. Kleine Kinder müssen überhaupt erst lernen, ihre Gefühle zu benennen. Zuhause ist es für sie oft schwer, ihre Sorgen und Probleme mitzuteilen – zumal ja die Eltern immer auch selbst betroffen sind. Und das Tun hilft ihnen, wieder Freude zu finden." Lisa hat einen Christbaumanhänger mit einem Bild ihres verstorbenen Vaters gestaltet. Und sie hat gemeinsam mit der Betreuerin aus dem Lieblingspulli ihres Papas einen Kuschelpolster genäht.
Die Kinder bekommen in den Treffen auch eine Art Werkzeugkoffer für schwierige Situationen mit: "Wie kann ich mit meiner Wut umgehen, ohne anderen weh zu tun?" – "Was hilft mir, wenn ich traurig bin? Was tut mir gut? Mit wem kann ich reden?"
Keine Schuld
Eine wichtige Funktion der wöchentlichen Treffen ist auch, den Kindern zu vermitteln, dass sie keine Schuld trifft – weder an einer Scheidung, noch an einem Todesfall. "Ein Vater eines Buben ist beim Fahrradfahren tödlich verunglückt. Der Bub machte sich Vorwürfe, weil es sein Wunsch war, an dem Tag radfahren zu gehen. Andere sagen, ich hätte mehr folgen sollen, dann hätten sich die Eltern nicht so aufregen müssen. Wir vermitteln den Kindern, dass das alles nichts geändert hätte und sie keine Schuld trifft. Wir erklären ihnen, was eine Todesursache sein kann – und was nicht."
"In letzter Zeit merken wir, dass die Zahl jener steigt, die sich nach einer Scheidung oder einem Todesfall eine Begleitung nicht leisten können. Wir versuchen aber, die Kinder trotzdem zu betreuen und die Familien nicht wegzuschicken", betont Leonhardt. Die Stadt Wien unterstützt Rainbows, indem sie kostenlos Räume für die Arbeit mit Kindern und Familien zur Verfügung stellt. "Aber unsere Arbeit in den Gruppen ist trotzdem nur mit Hilfe von Spenden möglich."
Wie Sie Rainbows unterstützen können
Erlagscheinbeilage: Teilen des Print-KURIER vom Freitag in Wien liegt ein Erlagschein für Rainbows-Wien bei. Falls Sie keinen Erlagschein finden, aber spenden wollen: Raiffeisenlandesbank NÖ-Wien. IBAN: AT 69 3200 0000 1244 8403. BIC: RLNWATWW
Infos: Rainbows-Wien, Tel: 01 / 907 37 33, www.rainbows.at
25-Jahr-Jubiläum: Der Österreich-Zweig der weltweit tätigen Non-Profit- Organisation wurde 1991 gegründet. Motto: „Guiding Kids trough Life’s storms“ („Führt Kinder durch stürmische Zeiten“)
Zeit und Ort der Feier
Wo und wie gefeiert wird, müssen die Eltern entscheiden. Sie sollen ihre Kinder zwar mitbestimmen, aber nicht über Ort und Art der Feier entscheiden lassen. Sich hier gegen einen Elternteil auszusprechen, ist eine große Belastung für das Kind. Statt sich über Termine und Ort der Feier zu streiten, sollten Familien lieber zwei Mal Weihnachten feiern.
Gemeinsam feiern?
Eher nein. Eine gemeinsame Weihnachtsfeier getrennter Eltern würde nur die Hoffnung der Kinder verstärken, dass wieder alles so wie früher werden könnte.
Geschenke
Kinder sollen Geschenke von dem Elternteil, der nicht mehr im gemeinsamen Haushalt lebt, annehmen dürfen. Wenn der Umgang zu Weihnachten eingeschränkt oder verweigert wird, trifft dies die Kinder besonders hart.
Bei der Wahrheit bleiben
Haben Kinder einen nahestehenden Menschen verloren, ist es wichtig, bei der Wahrheit zu bleiben. Wenn z. B. ein Siebenjähriger überzeugt ist, dass das Christkind seine verstorbene Mama zurückbringen wird, muss man dem Kind sagen, dass das Christkind vieles kann, das aber leider nicht.
Platz einräumen
Wichtig ist, der verstorbenen Person einen Platz zu geben, um mit der Traurigkeit besser zurechtzukommen. Den Verlust kann man etwa sichtbar machen, indem man einen Ast vom Weihnachtsbaum abschneidet, diesen schön schmückt und auf das Grab oder an einen Ort legt, der an den Verstorbenen erinnert.
Kindgemäße Formen
Durch aktives und kreatives Gestalten von Ritualen können Kinder ihre Trauer und ihre Gefühle oft besser ausdrücken als durch Worte.
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