Zur EM könnte es eine Gelsenplage geben

Zur EM könnte es eine Gelsenplage geben
Nach Überschwemmungen entwickeln sich mehr Blutsauger als sonst.

Die Fußball-Europameisterschaft hat noch nicht einmal begonnen, da hat Gelsenexperte Bernhard Seidel schon einen „13. Spieler“ – neben der Team-Elf und dem Publikum – ausgemacht. Und wenn dieser unerwünschte Player namens Gelse erst in Massen auftritt, kann so ein gemütlicher Public-Viewing-Abend ziemlich ungemütlich werden. Überhaupt, wenn man den ausgeprägten Jagdinstinkt einer lästigen Gelse betrachtet. Immerhin wittert sie mit 30.000 Sinneszellen ihre Opfer schon aus 30 Metern Entfernung (siehe Grafik unten).

Warum Seidel derart schwarz für Fußball-Fans sieht, liegt an der Großwetterlage der vergangenen Tage und Wochen. Die starken Regenfälle und sommerlichen Temperaturen begünstigten das rasche Entstehen großer Gelsenpopulationen in stehenden Wasserflächen. Diese speziellen Überschwemmungsgelsen entwickeln sich innerhalb weniger Tage und Wochen. „In spätestens 14 Tagen werden sie eine Rolle im Fußball spielen. Public-Viewing-Events könnten dramatisch werden, gerade zum Finale hin.“

Menge und Aktivität

Für eine richtige Gelsenplage müssen laut Experten mehrere Faktoren zusammentreffen. Sie wird über die Mückenanzahl sowie deren Aktivität definiert. Bei Überschwemmungsgelsen passt dies zusammen. „Sie treten in enormer Zahl – mehrere Milliarden Exemplare – auf und sind sehr aktiv, auch tagsüber.“ Besonders vor Ort in Frankreich könnte diese Kombi die Belästigung durch die Blutsauger erhöhen. Die Seine ist ein Tieflandfluss und schon dadurch ein „klassisches Stechmückengebiet“, die Überflutungen waren streckenweise extrem. „Schon davor waren die Gelsen in den Startlöchern, jetzt explodiert die Population.“ Auch hierzulande rechnet Experte Seidel mit einem vermehrten Gelsenaufkommen: „Überall, wo es lokale Überschwemmungen gab.“

Gelsenatlas

In Deutschland wollen Forscher die drohende Gelsenplage für die Forschung nutzen. Sie rufen dazu auf, ihnen möglichst viele Exemplare zu schicken. „Wir sind dankbar über jede Mücke“, sagt etwa die Biologin Doreen Walther vom Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschnung (ZALF) in Brandenburg. Sie arbeitet mit Kollegen an einem Mückenatlas, mit dem die Verbreitungsgebiete der verschiedenen Gelsenarten seit 2012 neu kartiert werden. „Zur Risikoabschätzung benötigen wir dringend Daten zur Verbreitung der vorkommenden Arten.“ Hintergrund der Sammelaktion ist die zunehmende Verbreitung von importierten Stechmücken-Arten, die auch Krankheiten übertragen können (siehe rechts).

In Österreich untersucht übrigens die AGES (Agentur für Gesundheit und Ernährung des Gesundheitsministeriums) seit 2011 Stechmücken auf Viren, die dem Menschen möglicherweise gefährlich werden können.

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