Psychotherapie und Antidepressiva wirken gleich gut

Seitliche Kopfansicht mit Gehirn, auf das Reize einstrahlen
Die Wirkung von Psychotherapien könnte höher sein als gedacht. Das zeigt eine neue Studie.

Eine Verhaltenstherapie könnte in bestimmten Fällen ähnlich wirksam sein wie Antidepressiva – das ist das Ergebnis einer aktuellen Metaanalyse. Dafür haben Forscher des Departments für Evidenzbasierte Medizin und Klinische Epidemiologie an der Donau-Universität Krems mit amerikanischen Kollegen 45 vorliegende Studien genau untersucht.

Die Analyse wurde im Fachjournal U.S. Agency for Healthcare Research and Quality veröffentlicht. Für Gerald Gartlehner, Leiter des Departments, zeigen die Ergebnisse "dass mit der kognitiven Verhaltenstherapie eine verlässliche, evidenzbasierte Möglichkeit für die Erstbehandlung zur Verfügung steht".

Verhaltensstörungen reflektieren und Muster verändern

Dabei handelt es sich um eine Form der Psychotherapie, mit der zumeist erworbene Verhaltensstörungen (Ängste, Zwänge, Süchte etc.) therapiert werden. Die Klienten sollen dabei die Gründe ihres Verhaltens reflektieren und lernen, dieses zu verändern.

Der ausschließliche Fokus der Studie auf die Verhaltenstherapie greift für Peter Stippl, Präsident des Österreichischen Berufverbands für Psychotherapie, allerdings viel zu kurz. "Jede Psychotherapie zielt auf einen Trainingseffekt ab."

Das Absolvieren einer Psychotherapie heiße nicht, "dass es nie wieder depressive Situationen gibt. Aber man lernt, damit besser umzugehen." Die wissenschaftliche Datenlage zeige außerdem: "Das Entscheidende für das Wirken einer Psychotherapie ist nicht die Methode, sondern das Verhältnis zwischen Klient und Therapeut. Man muss sozusagen miteinander können."

Medikamente sind in manchen Fällen sinnvoll

Den Einsatz von Antidepressiva sieht Stippl differenziert. Zuerst müsse ärztlich geklärt werden, wo die Wurzeln der Depression liegen. "Das ist so ein heikles Thema, das immer individuell betrachtet werden muss und nicht mit einer einzelnen Psychotherapiemethode direkt verglichen werden sollte." Geklärt werden müsste etwa, ob wichtige Entwicklungsschritte im Lebenslauf verabsäumt wurden, Veränderungen zu einer Krise führten oder überhaupt eine Stoffwechselstörung vorliegt.

"Längerfristig betrachtet ist Psychotherapie Antidepressiva sicherlich überlegen. Bei schweren Depressionen ermöglichen Medikamente aber erst, den Klienten überhaupt in eine Gesprächssituation zu bringen."

Gefühle der Einsamkeit, Depressionen, Überforderung – gerade vor Weihnachten kämpfen viele Menschen mit psychischen Problemen. Nicht alle suchen professionelle Hilfe auf: Oft ist die Hemmschwelle zu groß oder das Angebot zu teuer.

Die neue Plattform Instahelp, die in Zusammenarbeit mit der Sigmund Freud Privatuniversität entstanden ist, soll Betroffenen nun eine anonyme und niederschwellige Beratung ermöglichen. Über ein Chat-Programm können Ratsuchende in Echtzeit mit Psychologen in Kontakt treten – ab 19 Euro pro Woche.

Die Häufigkeit der Beratung wird mit dem Psychologen vereinbart. „Studien haben bewiesen, dass Online-Beratung sehr gute Ergebnisse erzielt und ein wichtiges niederschwelliges Angebot der Hilfestellung ist“, erklärt Kenneth Thau, Univ.-Prof. für Psychiatrie an der MedUni Wien und Mitglied des Instahelp-Beirats, der für die Qualität sorgt.

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