Psychiater: "Joint auf Rezept" ist nicht sinnvoll

Bei den Suchterkrankungen liegt Österreich weltweit unter den Top 10. Allen voran steht die Alkoholkrankheit, bis zu 1,6 Millionen sind nikotinsüchtig, rund 150.000 bis 180.000 von Medikamenten und etwa 30.000 von illegalen Drogen abhängig. Bedingt durch die kürzlich in Deutschland erfolgte Legalisierung von Cannabisprodukten für medizinische Zwecke wird dieses Thema auf der ÖGPP-Tagung ausführlich behandelt: Cannabis sei eine eindeutig suchterzeugende Substanz, weshalb eine Freigabe über die medizinische Anwendung hinaus derzeit abzulehnen sei.
"Joint auf Rezept" nicht sinnvoll
Auch der „Joint auf Rezept“ sei nicht sinnvoll, sagten Experten. Jugendliche, die regelmäßig hohe Cannabis-Dosen rauchen, leiden deutlich öfter unter Angststörungen und Depressionen, ihr Schizophrenie-Risiko steigt um das Vierfache. „Fakt ist, dass Cannabis eine eindeutig suchterzeugende Substanz ist. Ich kann mich nur wundern, wenn selbst manche Mediziner das immer wieder zu negieren versuchen. Deshalb bin ich derzeit strikt gegen eine Freigabe über die medizinische Anwendung hinaus“, sagt Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Fleischhacker (Medizinische Universität Innsbruck) bei einer Pressekonferenz zur Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie.
Verwendung von Harz und Blüten auch weiterhin verboten

Verfügbarkeit und Präsenz als mögliche Gefahr

„Mit der Legalisierung von Hanfprodukten würden wir letztlich die Büchse der Pandora öffnen“, ist Prof. Fleischhacker überzeugt. „Eine Unterscheidung in sogenannte schwere und leichte Suchtmittel ist aus medizinischer Sicht nämlich nicht gut haltbar. Egal ob Alkohol, Cannabis oder Heroin: Welche Gefahr von einem Suchtmittel ausgeht, hängt nicht nur von seinen Inhaltsstoffen sondern ebenso davon ab, wie verfügbar es ist, auf welche Persönlichkeit es trifft und unter welchen gesellschaftlichen Grundbedingungen es konsumiert wird.“ So gesehen wäre nach einer Cannabis-Legalisierung wohl auch die Freigabe aller anderen jetzt noch illegalen Drogen naheliegende Konsequenz.
Therapie statt Strafe
„Trotzdem befürworte ich die Entkriminalisierung von Cannabis-Konsum“, sagt Prof. Fleischhacker. „Eine gerichtliche Verurteilung, nur weil jemand einen Joint geraucht hat, bedingt unter Umständen schwerwiegende Folgen für die weitere Lebensgestaltung. Gleichzeitig wissen wir, dass die damit verbundene Hoffnung auf eine generalpräventive Wirkung unrealistisch ist. Zudem bedürfen Konsumenten von Suchtmitteln Beratung und allenfalls Therapie statt Strafe.“
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