Pollenbelastung: Bis zum Zehnfachen der üblichen Werte
Perfektes Feiertagswetter heute in vielen Teilen Österreichs - trotzdem ist die Freude nicht für jeden ungetrübt: "Weiterhin müssen Gräserpollenallergiker mit hohen Belastungen durch die Gräserblüte rechnen", heißt es beim Österreichischen Pollenwarndienst. "Das sommerliche Wetter fördert den Pollenflug über diese Woche und Entlastung ist bis auf mögliche Gewitter im Bergland leider nicht in Sicht." Uwe E. Berger, Leiter des Pollenwarndienstes zum KURIER: "Wir haben heuer in verschiedenen Regionen Österreichs die zehnfache Belastung im Vergleich zu sonst im Sommer üblichen Werten."
Im Wesentlichen zwei Gründe
- Durch das lange sehr feuchte Wetter war ein langsamer Start der Blüte der einzelnen Gräserarten nicht möglich. "Der viele Regen hat die Blütezeiten zusammengeschoben, Gräser, die sonst hintereinander blühen, blühen heuer zur gleichen Zeit."
- Die vielen Niederschläge begünstigten auch die Entwicklung einer hohen Pollenanzahl - und eines hohen Allergengehalts in den einzelnen Pollenkörnern. Berger: "Wir wissen aus europäischen Studien, dass in Gebieten mit hoher Niederschlagsmenge auch der Allergengehalt pro Pollenkorn höher ist als in niederschlagsarmen Regionen."
Die Hochblüte der Gräser sorge derzeit für enorme Beschwerden, so Berger. Das würden auch die Einträge vieler Betroffener in ihr Pollentagebuch zeigen, ein Angebot des Pollenwarndienstes. Diese Einträge werden anonymisiert ausgewertet und zeigen eine extreme Belastungswelle in vielen Teilen Österreichs.
2000 Pollen
Ab 30 bis 50 Gräserpollen pro Kubikmeter Luft und Tag zeigen Allergiker erste Reaktionen. 200 Gräserpollen registrieren Pollenfallen zur Blütezeit in normalen Jahren – heuer hingegen sind es teilweise mehr als 2000 Pollen pro Kubikmeter Luft.
Blühende Wiesen sollten gemieden werden, da dort die Pollenmengen erhöht sind. "Auch in höheren Lagen blühen die Gräser. Für ein Ausweichen sind Laubwälder und Gebiete an und über der Waldgrenze empfehlenswert." Die erste Mahd bringe örtlich zwar eine Entlastung, aber nur "in geringem Maße".
Außerdem blühen Ampfer und Wegerich sowie der Roggen. "Der Roggen blüht nun intensiver und sein Pollen kann Beschwerden zusätzlich verstärken", so der Pollenwarndienst.
Asthmarisiko stark erhöht
25 bis 30 Prozent der Menschen in den Industriestaaten leiden an allergischen Beschwerden, zehn bis 15 Prozent allein an Heuschnupfen. Bei den Österreichischen Ärztetagen in Grado warnten Mediziner jetzt vor den Folgen einer unbehandelten Allergie. "Die allergische Rhinitis ("Heuschnupfen", Anm.) ist nicht harmlos", so Andre Hermann vom LKH Graz West. "Sie kann die Lebensqualität stark einschränken. Das Asthmarisiko ist 3,2-fach erhöht." Nach fünf bis zehn Jahren eines unbehandelten "Heuschnupfens" komme es bei 20 bis 40 Prozent der Betroffenen zu einem "Etagenwechsel" in Richtung Lunge - sie erkranken an Asthma.
Das Problem: Viele der Betroffenen suchen keinen Arzt auf. "15 Prozent sind in ärztlicher Behandlung. Rund zehn Prozent der Patienten sind qualifiziert untersucht und behandelt."
Für die typischen Heuschnupfensymptome sind übrigens zu 63 Prozent Gräserpollen verantwortlich, gefolgt von Katzenhaaren, Birkenpollen und der Hausstaubmilbe.
Hängen sich Schadstoffe an die Pollen, zum Beispiel Russpartikel aus der Luft, werden die Pollen für Allergiker oft aggressiver, weil das Immunsystem dann noch mehr "anspringt".
Weiße Flocken sind harmlos
Übrigens: Die weißen Flocken, die es derzeit vielfach durch die Luft wirbelt, sind Pappelwatte, so der Pollenwarndienst. "Sie selbst reizt nicht, es handelt sich nur um die Samen und Samenhaare der Pappel." Da aber üblicherweise der Flug der Pappelwatte mit dem Start der Gräserblüte einhergeht werden die Beschwerden oft fälschlicherweise der Pappel zugeschrieben.
Bei dem gelben Niederschlag wiederum, der sich derzeit auf vielen Flächen ablagert, handelt es sich um Kieferpollen. Diese sind aber vollkommen unbedenklich.
Die Mär vom Regen und den Pollen
Laut Berger ist es auch eine Mär, dass Regenfälle immer die Pollenbelastung senken. "Regenfälle, die kürzer als ein bis zwei Stunden dauern, erhöhen sogar die Belastung, weil sie alles aufwirbeln, was am Boden liegt." Nur längere Regenfälle waschen die Luft rein und die Allergene aus dem Boden.
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