Echte Bräune ohne Sonnenlicht

Die Bräunungssubstanz könnte besser vor Hautkrebs schützen als Sonnencreme.
Eine neue Substanz regt die Pigmentproduktion ohne UV-Strahlung an. Viele Fragen sind noch offen.

Eine wirklich gebräunte Haut, und das ohne Sonnenbrand- und ohne Hautkrebsgefahr: Dieses Ziel haben sich Forscher des renommierten Massachusetts General Hospital in Boston, USA, gesetzt. Jetzt sind sie ihm einen großen Schritt nähergekommen. Sie haben eine Substanz entwickelt, die in der Haut die Melanin-Produktion anregt – jenes Hautpigment, das für die echte Bräune verantwortlich ist und die Haut schützt.

Die Forscher gaben im Labor Hautteilchen von Mäusen in eine Nährlösung. Dann fügten sie ihre "Bräunungssubstanz" hinzu – und tatsächlich: Die Melaninproduktion startete, ganz ohne UV-Licht, und die Hautstücke wurden deutlich dünkler.

Unterschied zu Selbstbräunern

Und damit erreichten sie einen ganz anderen Effekt als bei herkömmlichen Selbstbräunern: "Diese bieten keinen UV-Schutz. Bei ihnen kommt es lediglich in der obersten, bereits abgestorbenen Hornhautschicht zu einer chemischen Reaktion, die eine Verfärbung auslöst", sagt Prim. Univ.-Prof. Andreas Steiner, Vorstand der dermatologischen Abteilung im Krankenhaus Hietzing in Wien. "Das ist ein rein kosmetischer Effekt." Das Melanin wird hingegen von den Melanozyten (Pigmentzellen) produziert – und dieses Melanin "lagert sich wie eine Schutzhaube über den Zellkernen der noch lebenden Hornhautzellen (Keratozyten, Anm.) ab".

Natürlich wäre so eine Substanz eine große Hoffnung vor allem auch für Menschen mit einem sehr hellen Hauttyp, betont Steiner. Doch gleichzeitig rät er zur Vorsicht: "Abgesehen davon, dass noch nicht feststeht, ob diese Substanz auch beim Menschen wirkt, müssen mögliche Nebenwirkungen untersucht werden."

Illegale Bräunungsspritze

Er verweist dabei auf die Wirkstoffe Melanotan I und Melanotan II, die im Internet illegal als "Bräunungsspritze" vertrieben werden. Diese Substanz werden unter die Haut injiziert und regen die Melaninproduktion an. Nur für Melanotan I gibt es in den USA eine Zulassung zur Behandlung einer seltenen Hauterkrankung mit erhöhter Lichtempfindlichkeit, bei der die UV-Strahlung einen stark schädigenden Effekt hat. "Es hat sich gezeigt, dass Melanotan auch zu einer vermehrten Bildung von Muttermalen und erhöhter Melanombildung führen kann." Deshalb müsse man bei allen Verfahren, die die Melaninbildung ankurbeln, sehr vorsichtig sein. "Vorerst führt also nichts an einem herkömmlichen Sonnenschutz vorbei."

Wobei erst kürzlich auch die Proponenten der Aktion "Sonne ohne Reue" betonten: "Sonnencremen schützen, aber sie sind weder Allheilmittel noch Freifahrtschein", wie es der Dermatologe Univ.-Prof. Hubert Pehamberger ausdrückte. Neun von zehn Hautkrebspatienten werden wieder gesund – vorausgesetzt, die Erkrankung wird früh erkannt.

Sechs Teelöffel schützen

Die EU empfiehlt übrigens zwei Milligramm Sonnenschutzmittel pro Quadratzentimer Haut. Auf die gesamte Hautoberfläche hochgerechnet entspricht dies der Menge von sechs Teelöffeln: einer für das Gesicht, einer für die Arme, einer für Brust und Bauch, einer für den Rücken sowie je einer für jedes Bein. "Das ist die Theorie, in der Praxis tut das kaum jemand", sagt Steiner. Dadurch verringert sich aber auch der Lichtschutzfaktor (dieser gibt an, um das Wievielfache der Eigenschutzzeit man in der Sonne bleiben kann, ohne Sonnenbrand zu bekommen). "Deshalb empfehle ich Lichtschutzfaktor 50 – obwohl im Prinzip Faktor 20 ausreichend wäre."

Und noch etwas betont Steiner: "Was vielen nicht bewusst ist: Herkömmliche leichte Baumwollkleidung hat nur Schutzfaktor zehn, ebenso ein Sonnenhut, und der Schutzfaktor des Schattens unter dem Sonnenschirm beträgt gar nur fünf."

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