Patientensicherheit: Viele Fehler vermeidbar

Patientensicherheit: Viele Fehler vermeidbar
Experten fordern mehr Maßnahmen, um medizinische Pannen zu verringern.

Ein Patient, der trotz starker Schmerzen mit der Diagnose Rippenbruch nach Hause geht, obwohl er einen lebensbedrohlichen Milzriss hat. Oder ein Arzt, der drei Patienten an den Schleimhäuten untersucht, ohne sich dazwischen die Hände zu reinigen.

Medizinische Fehler wie diese sind in Österreich zwar Ausnahmen, valide Daten gibt es aber nicht. Weltweit gehören vermeidbare Fehler in der Medizin zu den zehn häufigsten Todesursachen und rangieren deutlich vor Brustkrebs, Aids oder Verkehrsunfällen.

Für die MedUni Wien ein Anlass, das Thema Patientensicherheit stärker in den Fokus zu rücken. Den Auftakt bildete am Mittwoch eine Podiumsdiskussion. Einstimmige Meinung der Experten: Eine fehlerfreie Medizin ist illusorisch – allerdings könne ein entsprechend gestaltetes System viele Fehler abfangen. "Nicht nachlässige Einzelpersonen sind das Problem, sondern unzureichende Trainings, wie mit Fehlern umgegangen wird", erklärt Univ.-Prof. Norbert Pateisky, Gynäkologe und Vorstand der AssekuRisk, einer Firma für Sicherheitsmanagement in Spitälern und Unternehmen.

Checklisten

Patientensicherheit: Viele Fehler vermeidbar
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Für Pateisky hat die Patientensicherheit in der Aus- und Fortbildung der Gesundheitsberufe zu wenig Platz: "Der Vergleich mit Piloten zeigt, auch dort passieren zwei bis fünf Fehler pro Flug. Allerdings ist das System so gestaltet, dass sie rechtzeitig erkannt werden." Eine Rolle dabei spielen beispielsweise Checklisten, die sowohl in der Luftfahrt, als auch in der Medizin eingesetzt werden.

Ob diese aber eingehalten werden, obliege oft der jeweiligen Abteilung und sei auch ein hierarchisches Problem, betonte die Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz. "Kontrollen, ob den Verordnungen gefolgt wird, sowie Sanktionen fehlen. Auch Patienten trauen sich oft nicht, etwas zu sagen, wenn sie glauben, falsch behandelt zu werden", sagt Pilz. Oft würden Informationen zudem verloren gehen, weil Patienten nicht ernst genommen werden, oder die Erstdiagnose nicht mehr in Frage gestellt wird.

Der Intensivmediziner Univ.-Prof. Andreas Valentin von der Rudolfstiftung, sieht das Problem in einer mangelnden Fehlerkultur: "Wesentlich ist die Aufmerksamkeit, die wir Fehlern gegenüber bringen. Wir müssen einen präventiven Blick dafür entwickeln, was passieren könnte." Gemeint ist ein stärkeres Bewusstsein dafür, dass etwa nach einem 24-Stunden-Dienst Müdigkeit und Unkonzentriertheit zunehmen – vergleichbar mit einer Alkoholisierung von 0,8 Promille. Auch Kompetenztrainings für Ärzte seien nötig.

Überprüfung

Pateisky betont die Bedeutung von regelmäßiger Auffrischung der Kenntnisse: "Als Facharzt erhält man ein einmaliges Zeugnis. Ob man Jahre später noch fachlich und psychisch geeignet ist, wird nicht überprüft." So könne ein Facharzt gewisse Eingriffe auch nach Jahren ohne Praxis durchführen.

Abhilfe schaffen Übersichten über die Leistungen von Spitälern, die Patienten eine Einschätzung ermöglichen – wie der Spitalskompass (www.spitalskompass.at). Schließlich gehe es, so Silvia Türk vom Gesundheitsministerium, darum, einen mündigen und aufgeklärten Patienten zu behandeln. Dieser soll, wenn er schwer krank ist, auf das Gesundheitssystem vertrauen können.

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