Frauen leiden öfter und stärker an Schmerzen
Schmerzen nach Operationen werden offenbar nicht immer optimal behandelt - und das ganz besonders bei Frauen. 1610 Patientinnen und Patienten aus ganz Österreich wurden Ende April am Tag nach einer Operation über ihre Schmerzen befragt. Dieses Projekt wurden von mehreren medizinischen Fachgesellschaften initiiert. Erste Ergebnisse präsentierten Mediziner am Donnerstag auf der Jahrestagung der Österreichischen Gesellschaft für Anästhesiologie, Reanimation und Intensivmedizin (ÖGARI) in Wien. Demnach leiden etwa 40 Prozent der Frauen und 30 Prozent der Männer am Tag nach der Operation unter starken oder sehr starken Schmerzen.
Auf einer Schmerzskala von 0 bis 10 (je höher die Zahl desto stärker der Schmerz) lag der Mittelwert in der Kategorie „stärkster Schmerz“ bei Frauen im Alter von 31 bis 40 Jahren bei 5,53 Punkten, jener der Männer hingegen nur bei 4,0. Auch in der Altersklasse 18 bis 20 Jahre war der Geschlechterunterschied mit 5,37 bei Frauen versus 4,21 bei Männern deutlich.
Mehr nachfragen
„Warum das so ist müssen weitere Untersuchungen zeigen“, sagt Rudolf Likar, Präsident der ÖGARI und Vorstand der Abteilung für Anästhesiologie und Intensivmedizin im Klinikum Klagenfurt am Wörthersee. "Auf jeden Fall muss man bei Frauen nach einer Operation noch mehr nachfragen, wie sie ihre Schmerzen empfinden", so Likar. Hinweise darauf, dass Frauen schlechter als Männer behandelt werden, gebe es aber nicht.
"Frauen sind generell schmerzempfindlicher", sagt Waltraud Stromer, Oberärztin an der Abteilung für Anästhesie und allgemeine Intensivmedizin am Landesklinikum Waldviertel. Dies sei hormonell bedingt. "Sie haben eine geringere Schmerzschwelle, eine geringere Toleranzschwelle als Männer." Ähnlich auch Likar: "Ihre Empfindlichkeit ist höher."
Auch die Schmerzbelastung bei der Geburt werden oft unterschätzt, betont Likar: "Es gibt aber Schmerzmedikamente, die nicht in die Muttermilch übergehen."
1,2 Millionen Operationen
Jährlich werden in Österreich 1,2 Millionen Operationen durchgeführt. "Bei rund 120.000 Menschen werden die akuten Schmerzen chronisch, bei 12.000 hat das massive Beeinträchtigungen zur Folge." Und dies vor dem Hintergrund, dass in Österreich Schmerzambulanzen geschlossen und spezielle Schmerzdienste - ausgebildete Schmerzmediziner kommen bei einer Anforderung auf die einzelnen Abteilungen - abgeschafft werden, wie Likar kritisierte. "Aber funktioniert die Schmerztherapie in den ersten 24 Stunden nicht, ist das Risiko für chronische Schmerzen viel größer. Wir können aber gerade auch in den ersten 24 Stunden sehr viel tun, mit regionaler Schmerzanästhesie oder Schmerzpumpen etwa - aber die Ärzte dafür müssen auch vorhanden sein."
Chronischen Schmerz vermeiden
Dass es nicht an der Finanzierung scheitern müsste, rechnete Likar mit einem einfachen Beispiel vor: "Wenn es uns gelingt, nur ein Zehntel der schweren Chronifizierungsfälle zu vermeiden - das sind 1200 -, könnten wir allein an Medikamentenkosten 1,3 Millionen Euro jährlich einsparen."
Außerdem können Patienten umso weniger wieder mobilisiert werden, je stärker der Schmerz ist. Dadurch werden auch die Folgekosten für Rehabilitationsmaßnahmen höher.
Grundsätzlich hohe Aufmerksamkeit
Positives Umfrageergebnis: Die Behandlungszufriedenheit beurteilten immerhin 66,6 Prozent der teilnehmenden Patienten mit "sehr hoch", weitere 25,8 Prozent waren "zufrieden". Auch ist die Aufmerksamkeit für das Thema Schmerz nach einer Operation gestiegen: So wurden 23,2 Prozent der Patientinnen und Patienten am Tag nach der Operation ein- bis dreimal, und 75 Prozent sogar öfter als dreimal nach ihren Schmerzen gefragt.
Erhebliche Beeinträchtigungen
Trotzdem ist aber der Grad der Beeinträchtigung durch die Schmerzen nach einer Operation hoch: 50,7 Prozent der Befragten fühlten sich vor allem beim Bewegen (Aufsetzen / Aufstehen), 37 Prozent beim Schlafen, 29,3 Prozent beim Husten / Atmen und 17,2 Prozent in ihrer Stimmung beeinträchtigt.
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