Organscreening in den Mutter-Kind-Pass
Der Mutter-Kind-Pass ist zweifelsfrei ein Erfolgskonzept – aber er ist in die Jahre gekommen und bedarf dringender Anpassung. Das forderten zuletzt einige Gynäkologen. So sei es höchste Zeit, längst gängige Untersuchungen wie das Organscreening oder die Nackenfaltenmessung in den Mutter-Kind-Pass aufzunehmen.
Was steht eigentlich im Mutter-Kind-Pass?
Der Mutter-Kind-Pass führt an, welche Untersuchungen zu welchem Zeitpunkt vorgesehen sind. Den Plan lesen Sie hier.
Prozess
Am Schema wird gefeilt. Derzeit tagen Experten in Facharbeitsgruppen mit dem Gesundheitsministerium. Der im Oktober 2014 gestartete Weiterentwicklungsprozess ist bis 2016 anberaumt. Bis dahin sollen die Empfehlungen erarbeiten sein, die dann vom Gesundheitsministerium geprüft werden.
In dem Gremium wird eine Aufnahme des Organscreenings - d.h. einer intensiven Ultraschall-Untersuchungen während der 18. und 22. Schwangerschaftswoche - sehr positiv gesehen. Das ist auch im Sinne der Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe (ÖGGG), sagte Präsident Univ.-Prof. Uwe Lang zum KURIER. „Es gibt einige neue Dinge in der Medizin, die sinnvoll wären.“ Diese zu implementieren, ist aber ein langwieriger Prozess. Und: Sie müssen qualitätsgesichert ablaufen.
Das sieht auch Thomas Fiedler, Gynäkologie-Fachgruppenobmann in der Ärztekammer, so. "Es ist vieles im Fluss. Es kann nicht sein, dass der Mutter-Kind-Pass den medizinischen Entwicklungen hinterherhinkt." Fiedler ist Mitglied der Facharbeitsgruppen-Kommission und argumentiert mit dem Nutzen des Screenings für das Kind. So werden Abweichungen von der normalen Entwicklung sichtbar und man könne Vorkehrungen treffen – etwa bei einem Herzfehler die Geburt in eine Spezialklinik verlegen. „Rechtzeitige Vorkehrungen können in vielen Fällen dem Kind helfen.“
Nackenfaltenmessung
Die Nackenfaltenmessung sieht der Gynäkologe etwas anders. "Dabei wird insbesondere nach Chromosomen-Abweichungen gesucht." Diese nehmen mit steigendem Alter der Mutter zu. "Da wir das Phänomen haben, dass Schwangere ein immer höheres Alter haben, nehmen auch Bedürfnis und Notwendigkeit solcher Untersuchungen zu." Sie durchführen zu lassen, ist aber die Entscheidung der Eltern. "Wir Ärzte können das nur anbieten, aber nicht verpflichten."
Blutuntersuchung
Was Gynäkologen in den nächsten Jahren noch intensiver beschäftigen wird, sind Blutuntersuchungen mit sogenannten nicht-invasiven Methoden. "Schon bisher konnte man Zellen des Kindes aus dem mütterlichen Blut herausfiltern, die Rückschlüsse auf die Gesundheit des Embryos liefern. Das wird eine neue Dimension eröffnen."
Auch über die Finanzierung wird bei der Weiterentwicklung des Mutter-Kind-Passes geredet. Denn die Aufnahme neuer Untersuchungen kostet Geld. Fiedler: "Die Untersuchungen sind mit beträchtlichen Zeitaufwand verbunden. Sollten manche Eingang in den Mutter-Kind-Pass und in die Sozialversicherung durch die Sozialversicherungen finden, wird man auch preislich diskutieren müssen." Angedacht ist etwa, für bestimmte Untersuchungen Risikogruppen zu definieren. Denn: "Nicht alles, was machbar ist, ist auch für alle Schwangeren notwendig."
Kostenerstattung
Apropos Kosten: In den letzten Tagen hatte zudem der Berufsverband der Gynäkologen Österreichs die finanzielle Abgeltung für Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen heftig kritisiert und in den Raum gestellt, ihn nur mehr im privaten Bereich anzubieten. Das sei nicht die Position der Ärztekammer, betont Gynäkologen-Vertreter Fiedler. "Es ist nicht daran gedacht, den Mutter-Kind-Pass in den privaten Bereich abzugeben. Das wäre ein schlechter Dienst an den Frauen." Univ.-Prof. Uwe Lang definiert die Position der ÖGGG: "Das wäre nicht sinnvoll. Dieses Instrument sollte allen Frauen gleichermaßen zur Verfügung stehen. Das Ziel darf keine Mehrklassengesellschaft sein." Worin sowohl Fiedler als auch Lang ihren Kollegen recht geben, ist die finanzielle Abgeltung. Diese sei mit ca. 18 Euro pro Untersuchung nicht mehr zeitgemäß und seit zwanzig Jahren unverändert. Fiedler: "Eine Valorisierung wäre notwendig. Und hier vom Ministerium zumindest ein Signal zu setzen, wäre auch ein Zeichen der Wertschätzung gegenüber den Gynäkologen."
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