Neurodermitis: Mediziner forschen an Kortison-Alternative
Auch wenn es moderne Präparate an der Haut wenig Nebenwirkungen verursachen: "Die Kortison-Angst sitzt bei vielen Menschen immer noch tief", sagt die Dermatologin Christine Bangert (siehe unten). Eine Alternative in bestimmten Fällen könnte eine Salbe werden, die in einer Studie am AKH Wien / MedUni Wien an 40 Personen geprüft wird.
Bei vielen Neurodermitis-Patienten kommt es in den entzündeten, rissigen Hautstellen zu einer Infektion mit dem Bakterium Staphylococcus aureus. "Dieser Keim heizt die Entzündung an", erklärt Markus Zeitlinger, derzeitiger Leiter der Abteilung für Klinische Pharmakologie, MedUni Wien.
Nichts Vergleichbares
Bisher gibt es keine antibiotische Salbe speziell für die Anwendung bei Neurodermitis. Kleine Hautareale können mit für andere Anwendungen zugelassenen antibiotischen Salben behandelt werden: "Aber diese sind nicht für größere Hautareale geeignet." Außerdem könnten sie Antibiotikaresistenzen begünstigen.
Auf einem Kongress hatten die Klinischen Pharmakologen aus Wien und dänische Wissenschafter eine neue Idee: Ein altes Antibiotikum, das früher gegen Wurmerkrankungen eingesetzt wurde, aber heute nicht mehr verwendet wird, könnte ein neuer Behandlungsansatz werden. "Es tötet das Bakterium auf der Haut ab, wird vom Körper aber nicht aufgenommen und verursacht auch keine bleibenden Resistenzen, weil es keine verwandten Antibiotika gibt", erklärt Zeitlinger.
Neuer Antikörper bei schweren Krankheitsverläufen
Ein kleiner Teil der Patienten ist von der Neurodermitis so stark betroffen, dass eine äußerliche Behandlung nicht ausreicht. Ähnlich wie schon bei entzündlichem Rheuma oder auch Psoriasis (Schuppenflechte) gibt es jetzt – vorerst nur für Erwachsene – erstmals ein sogenanntes Biologikum (Dupilumab), das direkt in den entzündlichen Prozess eingreift und die Reaktion des Immunsystems bremst. Es ist seit Ende September in der EU zugelassen. Zeitlinger: "Die entzündeten Areale und der Juckreiz gingen in den Zulassungsstudien stark zurück, die Lebensqualität und das psychische Wohlbefinden verbesserten sich deutlich."
INFO
Erwachsene Neurodermitis-Patienten, die noch an der Studie teilnehmen wollen, können sich unter 01 / 40 400 / 29 9 70 melden.
Der exakte Auslöser von Neurodermitis (atopische Dermatitis) ist nicht bekannt. „Atopisch“ beschreibt die Veranlagung, auf harmlose Einflüsse der Umwelt zu reagieren – in diesem Falle eben mit der Haut. „Genetische Ursachen spielen eine Rolle“, sagt die Dermatologin Christine Bangert von der MedUni Wien. Damit erklärt sich aber nicht, dass seit den 1950er-Jahren die Zahl der betroffenen Kinder deutlich gestiegen ist: „Die beliebteste Theorie ist die Hygienehypothese. Demnach kommen viele Kinder in ihrer frühen Kindheit nicht mehr mit potenziell krankheitserregenden Bakterien in Kontakt.“ Das unterforderte Immunsystem richtet sich gegen körpereigene Strukturen sowie harmlose Allergene in Pflanzen oder Nahrungsmitteln.
„Eine Ernährungsumstellung hingegen bringt nur dann etwas, wenn eindeutig eine Nahrungsmittelallergie nachgewiesen ist. Andernfalls riskiert man nur eine Mangelernährung.“ Wenn man moderne Glukokortikoide („Kortison-Präparate“) möglichst früh, gezielt und zeitlich begrenzt einsetze, komme man mit geringeren Dosen aus, betont die Hautärztin: „Moderne Produkte kann man theoretisch bis zu vier Wochen auftragen, ohne dass sich die Haut ausdünnt. Es schadet der Haut viel mehr, wenn sie entzündet ist.“
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