Neues Vorsorgezentrum für das Gedächtnis

Neues Vorsorgezentrum für das Gedächtnis
Als Gesundenuntersuchung für das Hirn bietet eine Privatuni einen Test der geistigen Fitness samt Trainingsprogramm an.

Es ist bei vielen nur ein vages Gefühl, dass das Gedächtnis nicht mehr ganz so gut wie früher ist: Doch deswegen gleich zum Arzt – da ist die Hemmung oft zu groß. "Es gibt wenig niederschwellige Angebote zum Thema Vorsorge und Früherkennung im Bereich Gedächtnis – vor allem wenige, die nicht gleich mit Krankheit in Verbindung gebracht werden wie etwa eine Spitalsambulanz", sagt Gerald Gatterer, Leiter des Gerontopsychologischen Zentrums am Wienerwald.

An der Sigmund Freud Privatuniversität (SFU) in Wien ist er auch Vorstand eines neuen Zentrums für Gedächtnisvorsorge. "Diese sollte genauso selbstverständlich sein wie Prävention in anderen Bereichen." Für das Gedächtnis gelte dasselbe wie für die Muskeln: "Wer es nicht nützt, verliert es."
"In den Spitälern sehen wir die Patienten meist erst im Stadium einer leichten bis mittelgradigen Demenz, aber kaum Frühstadien bzw. überhaupt Stadien davor", sagt Gatterer: "Genau auf die zielen wir aber ab."

Mittels psychologischer Tests soll der Ist-Zustand der Gedächtnisleistung erhoben werden, erläutert Univ.-Prof. Alfred Pritz, Rektor der SFU. Anschließend wird ein individuelles Gedächtnisvorsorgeprogramm (siehe unten) erstellt. Wenn notwendig, wird auch eine medikamentöse Therapie durchgeführt. "Ein solches Gesamtpaket fehlt derzeit", sagt Pritz. "Wir wollen untersuchen, ob regelmäßiges Gedächtnistraining bei einer Vorstufe einer Demenzerkrankung – oder noch früher – die Zahl jener, die dann tatsächlich ein derartiges Leiden entwickeln, reduzieren kann", betont Gatterer.

"Ob eine Behandlung ein halbes Jahr früher oder später beginnt, macht einen riesigen Unterschied. Dafür muss man das Bewusstsein schaffen", betont auch Wolfgang Bonitz, Medical Director der Pharmafirma Novartis, die das neue Zentrum unterstützt. In Zukunft müsse auch noch viel mehr Aufmerksamkeit auf die nicht-medikamentösen Therapien gelegt werden.

Viele Ursachen

Gedächtnisprobleme können aber auch ganz andere Ursachen als eine beginnende Demenz haben – etwa Depressionen oder das Gefühl eines "Overloads" – "wenn die Festplatte Hirn durch Stress und Überlastung nichts mehr speichern kann", sagt Pritz.

"Die Furcht vor Demenz ist einer der Hauptgründe für Ängste im Seniorenalter", sagt Karl Blecha, Präsident des Österreichischen Seniorenrates. "Mehr als 50 Prozent jener 900.000 Österreicher, die 2010 wegen psychischer Erkrankungen in Behandlung waren, sind über 60 Jahre alt." Die Arbeitswelt in Österreich sei altenfeindlich: "Dabei ist eine längere Berufstätigkeit eines der besten Mittel gegen Depressionen und Demenz."

Info: Wie die Vorsorge abläuft

Test: Die Gedächtnisvorsorgeuntersuchung anhand wissenschaftlicher Tests dauert ca. zwei Stunden und kostet 90 Euro. Ergibt sich ein Verdacht auf eine Gedächtniserkrankung, wird dieser von Fachärzten der Memory Clinic am SMZ-Ost abgeklärt und bei Bedarf auch eine medikamentenöse Therapie durchgeführt.

Programm: Das individuelle Vorsorgepaket besteht aus Gedächtnistrainings (zuhause via Internet), wöchentlichen Gedächtnisgruppen sowie psychotherapeutischen Gruppen- und Einzelgesprächen.

Kontakt: Zentrum für Gedächtnisvorsorge, 1030 Wien, Schnirchgasse 9a. Tel.: 0699 / 150 53 186.

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