Übergewicht: Bereits Kinder haben Gefäßschäden

Gelangen die Fettablagerungen (gelb) in den Blutstrom, kann sich ein Gerinnsel bilden.
Starkes Übergewicht kann bei Kindern zu einer Frühform von Gefäßverkalkung führen.

Verengte, "verkalkte" Blutgefäße: Atherosklerose wird im Allgemeinen als Erkrankung des fortgeschrittenen Lebensalters gesehen. Doch eine neue Untersuchung zeigt jetzt: "Übergewichtige Kinder weisen bereits Veränderungen von Blutgefäßen auf, die als Frühform einer allgemeinen Atherosklerose angesehen werden müssen", sagte die deutsche Kardiologin Sandra Erbs (Uni Leipzig) auf der Tagung der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie in Mannheim.

Die Forscher (sie untersuchten 106 stark übergewichtige und 71 normalgewichtige Kinder) konnten nachweisen, dass die Funktion der innersten Gefäßschicht – des Endothels – bei stark übergewichtigen(adipösen) Kindern deutlich eingeschränkt war. "Risikofaktoren wie Übergewicht, aber auch Nikotin oder Cholesterin führen dazu, dass sich die Gefäße nicht mehr entspannen, sondern permanent in einem Spannungszustand befinden", sagt dazu der Kardiologe Prim. Univ.-Doz. Otto Traindl vom Landesklinikum Gänserndorf-Mistelbach, NÖ. Dies sei aber "die Wiege der Atherosklerose und des Bluthochdrucks". Denn durch diese Spannung werde das Endothel durchlässiger für das "schlechte" LDL-Cholesterin: "Die Anlagerung von LDL-Partikeln wird erleichtert" – der Prozess der Gefäßverengung beginnt.

Gleichzeitig begünstigt die erhöhte Gefäßspannung bereits bei übergewichtigen Kindern die Entstehung von Bluthochdruck – auch das konnten die Forscher belegen: Ihr systolischer Blutdruck (erster Blutdruckwert, er wird gemessen, wenn sich der Herzmuskel zusammenzieht) war im Schnitt um 8,2 mmHg höher als bei Kindern mit Normalgewicht.

Schlechte Regeneration

Und noch etwas konnten die deutschen Forscher nachweisen: Stark übergewichtige Kinder haben offenbar bereits eine eingeschränkte Fähigkeit, Zellschäden zu reparieren: Denn bei ihnen ist die Zahl von sogenannten Vorläuferzellen im Blut, die sich zu Zellen der innersten Gefäßschicht entwickeln können, reduziert.

"Für mich ist die Atherosklerose eine der am längsten chronisch verlaufenden Erkrankungen", so Traindl. "Zwischen dem Auftreten erster Symptome – bei einem Verschluss von rund zwei Drittel des Gefäßdurchmessers – und dem Beginn der Verdickung der Gefäßwand liegen oft Jahrzehnte", betont der Kardiologe. "Wenn es durch die Gefäßverengung zu ersten Symptomen kommt – dem Angina-pectoris-Schmerz (,Brustenge‘) – gibt es bereits eine lange Krankheitsgeschichte." Umso wichtiger sei es, dass jeder rechtzeitig über Blutdruck- oder Blutfettwerte Bescheid wisse.

Junge Infarktpatienten

Sorgen bereiten Kardiologen auch neue Daten zu Herzinfarkten bei jüngeren Menschen aus Bremen: Jeder 15. Patient mit einem schweren Herzinfarkt ist jünger als 45 Jahre, 80 Prozent dieser Patienten sind Männer, 85 Prozent waren zum Infarktzeitpunkt aktive Raucher, viele auch stark übergewichtig. Oft gibt es auch eine familiäre Vorgeschichte von Herzerkrankungen.

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