Die Hölle im Kopf

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Pochende Kopfschmerzen, Übelkeit oder gar Schwindel – Migräneattacken werfen Betroffene oft ganz schön aus der Bahn. Dennoch gibt es Hoffnung auf ein schmerzfreies Leben.

Schon Charles Darwin, Vincent van Gogh, Sigmund Freud, Claude Debussy und Karl Marx waren Migräniker. Jetzt haben Forscher erstmals ein Risiko-Gen entdeckt, das bei Mutation die quälenden Kopfschmerzattacken auslöst. Das könnte dazu führen, die Ursachen und die Abläufe bei den anfallsartig wiederkehrenden Kopfschmerzen besser zu verstehen und – längerfristig – besser behandeln zu können als bisher. Denn mehr als zehn Prozent der Österreicher leiden unter periodisch wiederkehrenden, pulsierenden Kopfschmerzen – weitaus mehr Frauen als Männer.Wobei Migräne mehr ist als nur Kopfschmerz: Es könnten auch Schmerzen im Gesicht, am Nacken, in den Augen oder an den Zähnen auftreten.

Der Migräne-Typ

Gibt es einen Migräne-Typ? Zumindest unter jungen Mädchen haben Forscher einen Typus mit hoher Anfälligkeit dafür gefunden. Vor allem rauchende junge Mädchen, die wenig Sport treiben und übergewichtig sind, werden besonders häufig von Migräne gepeinigt, fanden Forscher in Norwegen und in den USA heraus.

Migräne sind Kopfschmerzen, auch wenn man gar keine hat“, witzelte Erich Kästner und spielte darauf an, dass sie lange als Ausrede- und Hypochonder-Krankheit galt. Doch damit ist Schluss, seit es Medizinern gelungen ist, in Aufnahmen sichtbar zu machen, wenn sich eine Erregungswelle wie ein Sturm unaufhaltsam über das Gehirn zieht und den heftigen Schmerz einleitet.

Der kommt meist ganz plötzlich und fühlt sich an wie ein Gewitter im Kopf. Manche haben nur zwei- oder drei Mal im Jahr eine Migräne-Attacke, andere mehrmals im Monat. Typisch sind pulsierende, pochende oder stechende Kopfschmerzen, die in der Regel vier bis 72 Stunden anhalten, um dann auch ohne Behandlung wieder nachzulassen.

Viele mögliche Trigger

Die Hölle im Kopf
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Neben genetischen Faktoren wird als Ursache eine Störung des Serotonin-Gleichgewichts vermutet. Vor allem Stress aber auch hormonelle Veränderungen können Auslöser sein: Es gibt viele potenzielle Trigger-Kandidaten. Bei manchen provoziert etwa ein Glas Wein unsägliches Kopfweh. Bei anderen ist es der Geruch eines intensiven Parfums, auf den der Körper mit einer Attacke reagiert. Die Suche nach den Auslösern – in Frage kommt eine ganze Reihe von Lebensmitteln wie reifer Käse, Zitrusfrüchte, Nüsse oder Schokolade – ist oft frustrierend und langwierig.

Doch das Nachforschen kann sich lohnen. Denn wer herausfindet, worauf sein Körper mit einer Kopfschmerzattacke oder sogar mit Übelkeit oder Sehstörungen reagiert, kann die Anfall-Häufigkeit reduzieren. Manche schwören auf leichten Sport wie Walken als Medizin gegen Migräne. Ausdauertraining drei Mal pro Woche, ergab eine Studie, vermindert deutlich die Zahl der Migränetage und -stunden. Aber oft stört das im Gehirn tobende neurologische Gewitter schon vor der eigentlichen Schmerzattacke Wahrnehmungen wie Sehen, Hören und Sich-Bewegen. „Wer Kopfschmerzen hat, die ihn belasten, sollte unbedingt zum Arzt gehen. Es gibt sehr wirksame Behandlungen“, sagt Christian Wöber, Leiter der Kopfschmerzambulanz am AKH Wien. „Viele unserer Patienten sind positiv überrascht, wie sehr die Therapie ihre Lebensqualität verbessern konnte.“ Manchen hilft es schon, sich in einen abgedunkelten Raum zurückzuziehen und dort zu ruhen. Auch ein kühlender Lappen oder Eisbeutel kann Beschwerden lindern.

Ohne Medikamente geht's nicht

Das Gehirn selbst empfindet keinen Schmerz. Aber wenn es im Kopf wummert und Übelkeit den Körper krümmt, empfiehlt die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft bei leichten bis mittleren Schmerzen höher dosierte rezeptfreie Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure bzw. Paracetamol oder Ibuprofen.

Bei schwereren Attacken werden oft Triptane verordnet, Neurologen zufolge die am besten untersuchte Wirkstoffgruppe bei der Akuttherapie. „Damit habe ich das Problem, das wie eine Geißel mein Leben mit zum Teil wöchentlichen Migräne-Attacken begleitet, gut im Griff“, sagt eine Betroffene. „Aber ohne Medikamente geht’s bei mir nicht.“ Triptane blockieren die Ausschüttung der Botenstoffe im Gehirn. Dadurch wird die Übertragung des Schmerzes von Nervenzelle zu Nervenzelle gehindert, und die geweiteten Blutgefäße werden wieder verengt.

Bei der medikamentösen Behandlung ist generell wichtig, dass sie möglichst rasch erfolgt. Ergänzend dazu haben sich Biofeedback, Entspannungsübungen, Akupunktur oder Verhaltenstherapie bewährt. Manchmal sogar Sex. So konnten die amerikanischen Forscher feststellen: Fast 50 Prozent der Teilnehmer waren nach dem Sex von den Kopfschmerzen befreit, während die anderen keine Veränderung spürten. Nur wenige berichteten, dass sich die Migräne während des Liebesspiels verschlimmerte.

  1. Schwankungen im Hormonhaushalt, bedingt durch den weiblichen Zyklus oder durch die Einnahme von Hormonpräparaten.
  2. Körperlicher und psychischer Stress, wobei die Migräne oft erst in der Entspannungsphase auftritt.
  3. Starke Emotionen wie ausgeprägte Angst, große Freude oder tiefe Trauer.
  4. Veränderungen im Schlaf-Wach- Rhythmus.
  5. Nikotin, Alkohol und – wenn auch selten – bestimmte Nahrungsmittel, etwa manche Käsesorten oder Rotwein.
  6. Unterzuckerung und Hungerzustände, etwa weil eine Mahlzeit ausgelassen wurde.
  7. Umweltreize wie Lärm, Gerüche oder (flackerndes) Licht.
  8. Witterungen wie Föhn oder Kälte.
  1. Die medikamentöse Therapie sollte grundsätzlich durch Techniken der Verhaltenstherapie und regelmäßigen Ausdauersport (Joggen, Schwimmen, Radfahren) ergänzt werden.
  2. In der Migräne-Behandlung haben sich außerdem Entspannungstechniken (autogenes Training, progressive Muskelrelaxation, Yoga), Akupunktur, Biofeedback und die kognitive Verhaltenstherapie bewährt.
  3. Für Diagnose und optimale Therapie ist es hilfreich, mehrere Wochen lang ein Kopfschmerztagebuch zu führen. Darin dokumentieren Betroffene Zeitpunkt, Art, Intensität und Dauer der Schmerzattacken, Begleiterscheinungen und mögliche Auslöser.

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