Medizin-Nobelpreis kam zu spät

Fauxpas des Nobelpreis-Komitees: Einer der drei am Montag Ausgezeichneten ist vergangenen Freitag an Krebs verstorben. Er erhält den Preis posthum.

Seine Forschung könnten die Krebstherapie revolutionieren - die wissenschaftliche Anerkennung in Form des Medizin-Nobelpreises kam am Montag für den Immunologen Ralph Steinman, 68, aber zu spät. Der in Kanada geborene und zuletzt an der New Yorker Rockefeller-University tätige Forscher war erst am vergangenen Freitag seinem Bauchspeicheldrüsenkrebs erlegen. Das hatten die Juroren vom Stockholmer Karolinska-Institut jedoch noch nicht gewusst.

Der mit 1,1 Millionen Euro dotierte Nobelpreis für Medizin geht an drei Immunologen - an Steinman, dem die Hälfte des Preisgeldes zugestanden wäre, posthum, wie nach Bekanntwerden seines Todes erklärt wurde. Auch wenn die Statuten das verbieten. Die 550.000 Euro gehen an seine Hinterbliebenen.

Entdeckung

Ralph Steinman hatte 1973 die Dendritischen Zellen entdeckt. Diese Vorläuferzellen aus dem Knochenmark spielen eine wichtige Rolle bei der Immunabwehr. Sie fungieren sozusagen als "Lehrer" für andere Zellen des Abwehrsystems und zeigen auf, wonach diese suchen sollen. So ermöglichen sie erst eine Immunantwort des Körpers. Meinrad Busslinger vom Institut für Molekulare Pathologie (IMP): "Ohne Dendritische Zellen gibt es kein adaptives (erworbenes, Anm.) Immunsystem."

Die Dendritischen Zellen sind Teil unseres erworbenen Immunsystems. Es lernt durch den Kontakt mit Krankheitserregern und produziert Antikörper zur Abwehr von Krankheitserregern (z.B. Bakterien, Viren).

Der US-Amerikaner Bruce A. Beutler und der in Luxemburg geborene Jules A. Hoffmann erhalten den Nobelpreis für die Entdeckung der Grundmechanismen der angeborenen Immunität (siehe Grafik) in den 1990er-Jahren.

"Zum Zeitpunkt der Geburt ist das angeborene Immunsystem voll ausgebildet und kann gleich losschlagen", erklärt Univ.-Prof. Gerhard Zlabinger, Leiter des Zentrums für Immunologie an der MedUni Wien. Das angeborene Abwehrsystem kann Erreger bekämpfen, ohne dass das Immunsystem zuvor mit den Eindringlingen in Berührung gekommen wäre.

Revolutioniert

Die drei Immunologen "haben das Verständnis des Immunsystems revolutioniert, indem sie Grundmechanismen seiner Aktivierung entdeckt haben", heißt es in der offiziellen Begründung des Karolinska-Instituts in Stockholm. "Wissenschaftler haben lange nach jenen 'Wächtern' gesucht, welche die Abwehrreaktionen steuern, mit denen sich Lebewesen gegen den Angriff von Bakterien oder Mikroorganismen schützen." Das erschließe neue Möglichkeiten, "etwa verbesserte Impfstoffe gegen Infektionen oder zum Attackieren von Tumoren".

Zelltherapie mit Dendritischen Zellen wird bereits weltweit getestet, die Hoffnungen sind groß. Diese Zellen werden dem Patienten entnommen und mit verräterischen Teilen von Krebszellen beladen. Derzeit ist nur ein Zelltherapie-Präparat für bestimmte Formen von Prostatakrebs in den USA zugelassen.

Steinman behandelte sich selbst mit der von ihm entwickelten Immuntherapie gegen sein Krebsleiden und konnte "sein Leben um Jahre verlängern", wie eine Sprecherin der Rockefeller Universität sagte.

Alfred Nobel: Erfinder und Spender

Mensch Der schwedische Industrielle Alfred Nobel (1833- 1896) erfand das Dynamit. Weil es für Kriege genutzt wurde, finanzierte er den jährlichen Preis für "jene, die der Menschheit den größten Nutzen" brachten.

Preise Seit 1901, damals nur Medizin, Chemie, Physik, Frieden (Verleihung 10. 12.) Heimische Medizin-Preisträger: Julius Wagner-Jauregg (1927), Karl Landsteiner (1930), Konrad Lorenz (1973), Karl von Frisch (1973).

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