Medizin-Nobelpreis 2013 an Zellforscher
„Ist das Ihr ernst?“ Das war die erste Reaktion von Thomas C. Südhof (Stanford University) als er telefonisch mit der Nachricht konfrontiert wurde. Der gebürtige Deutsche wurde am Montag gemeinsam mit den US-Forschern James E. Rothman (Yale University), Randy W. Schekman (UC Berkeley) mit dem diesjährigen Nobelpreisträger für Medizin und Physiologie ausgezeichnet. Die drei Forscher haben sich unabhängig voneinander mit dem Transportsystem von Zellen beschäftigt und herausgefunden, wie die richtigen Substanzen zur richtigen Zeit an ihr Ziel gebracht werden. Ihre Forschungsergebnisse beleuchten, wie das Transportsystem in unseren Zellen funktioniert.
Mysterium gelöst
In den Zellen werden Stoffe in winzigen Bläschen, den Vesikeln, verpackt und weitergeleitet. „Ohne diese wunderbar präzise Organisation würde die Zelle im Chaos versinken“, schreibt das Nobel-Komitee. „Ein defektes Vesikel-Transportsystem kommt bei einer Reihe von Krankheiten vor“, erläuterte die Vorsitzende des Komitees, Juleen Zierath – etwa bei Diabetes, Tetanus oder Immun- und Nervenstörungen.
Warum die Vesikel das wichtigste Transportsystem der Zellen sind, erklärt Ass.-Prof. Michaele Hartmann vom Institut für Zellbiologie, Histologie und Embryologie der MedUni Graz: „Ohne sie wäre kein Zellstoffwechsel möglich.“ Vesikel sind kleine Bläschen, die von einer Membran umschlossen werden. „Substanzen, die die Zelle von außen aufnimmt oder selbst produziert – wie etwa Hormone oder Eiweiße – werden durch diese Vesikel innerhalb der Zelle transportiert.“
Diese Produktion findet oft in mehreren Schritten an mehreren Orten innerhalb der Zelle statt: „Die Vesikel sorgen dafür, dass die Substanzen zur richtigen Zeit am richtigen Ort sind.“ Botenstoffe (Neurotransmitter) etwa werden in den Zellen produziert, anschließend in Vesikel verpackt und mit ihrer Hilfe von der Zelle an die Oberfläche transportiert und freigesetzt.
Entschlüsselt
Schekman hat Gene entdeckt, die für den Vesikel-Verkehr zuständig sind. Rothman entschlüsselte den Mechanismus, der dafür zuständig ist, welche Vesikel sich verbinden und welche transportiert werden. Südhof konnte das Timing der Vesikel aufzeigen – wie Signale den Vesikeln befehlen, ihre Ladung präzise an die richtige Stelle abzuliefern.
Die Nobelpreis-Auszeichnung ist wie im Vorjahr mit acht Millionen Schwedischen Kronen (921.000 Euro) dotiert. Südhof bezeichnete seine Würdigung gemeinsam mit Schekman und Rothman als „extrem fair“. Am Dienstag wird der Physik-Nobelpreis bekannt gegeben.
Die Reaktionen der Nobelpreis-Träger können Sie sich hier anhören.
201 Menschen haben seit 1901 den Nobelpreis für Medizin und Physiologie erhalten.
38 Auszeichnungen wurden an einen Preisträger alleine vergeben.
10 Frauen haben bisher den Medizin-Nobelpreis erhalten.
32 Jahre alt war der jüngste Preisträger des Medizin-Nobelpreises. Frederick G. Banting erhielt 1923 den Medizin-Preis für die Entdeckung von Insulin.
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