Massenhaft Magensäureblocker bleiben nicht ohne Risiko
Magensäureblocker ("Magenschutz") gegen Magenblutungen, Sodbrennen und Aufstoßen zählen zu den am häufigsten verschriebenen Medikamenten. Jetzt zeigt eine neue Studie (Washington University School of Medicine in St. Louis, USA), dass vor allem eine Langzeiteinnahme dieser Protonenpumpen-Inhibitoren (PPI) ein Risiko darstellen kann: Wer sie ein oder zwei Jahre lang einnimmt, hat ein erhöhtes Risiko, in den darauffolgenden fünf Jahren zu sterben – im Vergleich zu Patienten, die weniger stark wirksame Medikamente (H2-Blocker) zur Reduktion der Säureproduktion des Magens einnahmen.
Die Stude ist im Fachjournal BMJ Open erschienen.
Klare Indikation notwendig
Bereits Anfang des Jahres hieß es bei der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie: "In jüngster Zeit mehren sich Hinweise, dass eine langfristige Einnahme von PPIs mehr Nebenwirkungen verursachen könnte als bisher bekannt."
"Grundsätzlich sind die PPIs sehr sichere Medikamente mit großem Nutzen", sagt die Gastroenterologin Vanessa Stadlbauer-Köllner vom LKH-Universitätsklinikum Graz. "Allerdings braucht es eine klare Indikation – ein eindeutiges Anzeichen für eine Verschreibung. Völlig unkritisch darf man sie nicht einsetzen. Das passiert aber recht häufig."
Einsatzgebiet ist entscheidend
Die Präparate hätten etwa das Auftreten von Magenblutungen bei Magengeschwüren deutlich gesenkt – und damit vielen Menschen das Leben gerettet. Sinnvoll sei der gezielte Einsatz, etwa auch bei einer Gastritis, die mit zu hoher Magensäureproduktion in Verbindung steht, oder bei starkem Reflux (Sodbrennen). "Allerdings muss man da schon die Ursache des Sodbrennens ausfindig machen und auch andere Maßnahmen setzen: Etwa eine Ernährungsumstellung und eine Gewichtsabnahme. Nur Medikamente nehmen, ist zu wenig."
Auch bei Schmerzmitteln mit hohem Risiko für eine Magenblutung sei es wichtig, Säureblocker zu verschreiben. "Gerade bei Medikamenten ist aber der inflationäre Einsatz ein Problem: Wer mehrere Tabletten nehmen muss, bekommt häufig automatisch einen Magenschutz dazu, auch wenn er gar nicht notwendig wäre. Denn es sind nur ganz bestimmte Präparate die das Gleichgewicht der Magenschleimhaut beeinträchtigen und ihren Säureschutz herabsetzen."
Falsches Sicherheitsdenken
Vielfach gebe es bei Ärzten noch ein Sicherheitsdenken nach dem Motto: ",Ich gebe den Magenschutz dazu, der kann ja nicht schaden‘ – aber das stimmt eben nicht mehr." Dass es in jüngster Zeit vermehrt Meldungen über Nebenwirkungen gab hänge damit zusammen, "dass immer mehr Menschen solche Medikamente einnehmen." Unter anderem zeigten sich bei häufiger PPI-Einnahme teilweise mehr infektiöse Durchfälle– ein eindeutigen Beweis, dass tatsächlich die Medikamente schuld sind, gibt es aber nicht.
Falsch sei es jedenfalls, vorbeugend PPIs zu nehmen, "weil man vorhat, am Abend beim Essen und Trinken über die Stränge zu schlagen", betont Stadlbauer-Köllner.
Wie Protonenpumpen-Inhibitoren wirken
Protonenpumpen sind Proteine (Eiweiße) in den Magenzellen, die Wasserstoffionen auffangen und aus den Magenzellen in das Mageninnere transportieren. Dort verbinden sich diese Ionen mit Chlorid – und (Salz-)Säure entsteht.
Die Medikamentengruppe der PPIs „inhibiert“ (blockiert) diesen Ionentransport – weniger Magensäure kann gebildet werden, der Magen kann sich beruhigen. Schwächere säurehemmende Medikamente sind H2-Blocker und Antazida.
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