Diskussion um Nutzen von Mammografie

Diskussion um Nutzen von Mammografie
Laut englischer Studie kein Effekt auf Brustkrebssterblichkeit, aber die Kritik ist groß.

Neuer Zündstoff in der Debatte über den Nutzen der Mammografie – und das wenige Monate vor der Einführung des Brustkrebs-Früherkennungs-Programms in Österreich: „Wir haben keinen Effekt des Mammografie-Screenings auf die Brustkrebssterblichkeit der Gesamtbevölkerung in England gefunden“, sagt Studienautorin Toqir Mukhtar, Uni Oxford. In England wurde bereits 1988 ein organisiertes Früherkennungs-Programm eingeführt. Die Forscher analysierten die Sterblichkeitsraten über 40 Jahre (Journal of the Royal Society of Medicine). Demnach gab es bereits vor 1988 einen Rückgang. Und es gebe keine Anzeichen dafür, das dieser Rückgang bei Frauen, die einmal oder mehrmals bei der Mammografie waren, größer sei.

Den größten Rückgang an Brustkrebstodesfällen habe es überdies bei den unter 40-Jährigen gegeben, denen keine routinemäßige Mammografie angeboten wird.

„Unsere Ergebnisse schließen nicht aus, dass einzelne Frauen von einem Screening-Programm profitieren“, so Mukhtar. „Aber diese Effekte sind nicht groß genug, um sie auf der Ebene der Gesamtbevölkerung nachzuweisen.“ Mukhtar führt den Rückgang u. a. auf verbesserte Behandlungsmethoden zurück.

Mammografie-Kritiker verweisen auf einen weiteren Punkt: Bei 15–25 % aller Brustkrebs-Diagnosen handle es sich um Tumore, die nie ein Problem verursacht hätten und ohne Mammografie nie aufgefallen wären.

„Kreuzfeuer“

Doch die neue Studie steht „im Kreuzfeuer“ der Kritik, wie etwa die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt: So könnte der noch deutlichere Rückgang der Sterblichkeit bei den unter 40-Jährigen u. a. auf die engmaschige Überwachung der Hochrisiko-Patientinnen (siehe re.) zurückzuführen sein.

Robert Smith von der American Cancer Society: „Insgesamt gibt es mehr Studien, die einen Nutzen des Screenings zeigen, als solche, die keinen zeigen.“

Das sagt auch der Radiologe Thomas Helbich von der MedUni Wien: „Ein unabhängiges Komitee von Experten, die vorher noch nie etwas mit Screening zu tun hatten, hat 2012 festgestellt: Organisierte Früherkennungsprogramme können die Sterblichkeit an Brustkrebs um 20 bis 30 Prozent senken, wenn 60 bis 70 Prozent der eingeladenen Frauen auch hingehen.“ Das Problem der Diagnose auch von Tumoren, die nie zu einem gesundheitlichen Problem führen würden, gebe es, aber es sei gering: „Von 100 entdeckten Karzinomen sind es zehn.“

Bis heute konnte laut Helbich keine Studie beantworten, wie groß der Effekt der Mammografie auf den Rückgang der Brustkrebssterblichkeit sei – und wie groß jener neuer Therapien: „Es scheint ein Mischeffekt zu sein.“

Trotz dieser Diskussion befürworten aber auch viele Kritiker ein organisiertes Screening-Programm mit hohen Qualitätsstandards wie der Kontrolle der Röntgenbilder durch zwei Ärzte: Denn dieses sei auf jeden Fall besser als Mammografien ohne derart hohe Standards.

Diskussion um Nutzen von Mammografie

Bis zu 30.000 Frauen in Österreich leben mit einem genetisch bedingten, stark erhöhten Risiko für Brust- und Eierstockkrebs. Seit sich Angelina Jolie deshalb prophylaktisch ihre Brüste entfernen ließ, hat sich die Zahl der Frauen, die sich in einer der 60 Beratungsstellen in Österreich melden, verfünffacht, sagte Mittwoch Christian Singer, Brustkrebsspezialist an der Uni-Frauenklinik der MedUni Wien am AKH.

Bei 3000 Frauen wurde in den vergangenen 15 Jahren ein Gentest auf Mutationen im BRCA-1- bzw- BRCA-2-Gen durchgeführt, bei 900 wurde eine Gen-Veränderung gefunden. Vor dem Test ist eine Beratung verpflichtend – im Wiener AKH etwa wird sie von einer Psychologin und einem Arzt durchgeführt. Psychoonkologin Gabriele Traun-Vogt: „Wir unterstützen die betroffenen Frauen, aber die Entscheidung muss in ihren Händen bleiben. Denn das Testergebnis kann man nicht vergessen und nicht verdrängen.“

Frauen mit erhöhtem Risiko haben die Möglichkeit zu einer engmaschigen Kontrolle: eine jährliche Brust-Magnetresonanzuntersuchung ab 25 sowie zusätzlich eine jährliche Mammografie ab 35. In Österreich entscheiden sich zirka 20 Prozent der Frauen mit einer solchen Gen-Mutation für die vorbeugende beidseitige Brustentfernung (ihr Brustkrebsrisiko steigt ab 25 stark) und jede zweite für die Entfernung der Eierstöcke (hier steigt das Krebsrisiko mit 40).

Mehr Infos: www.brustgesundheit.at

Kommentare