Lichtblicke für mehr Wohlbefinden

Saisonabhängige Depressionen lassen sich gut mit Lichttherapie behandeln. Neue Studien untermauern das.

Als Schatten beschreibt die 48-jährige Elsbeth M. jene Zeit, in der die Tage kürzer werden. Eine Phase des Jahres, die die Sekretärin fürchtet. „Ich werde innerlich leer und antriebslos – alle Aktivitäten kosten mich unglaublich viel Kraft.“ Gut, dass ihr Hausarzt die richtige Diagnose stellte: Saisonal abhängige Depression (SAD). Seither badet Elsbeth täglich in Licht. „Meine Lichtlampe ist wie ein guter Therapeut“, sagt sie.

Das Zusammenspiel von Umwelt, Physiologie und Stoffwechsel bei SAD wird immer besser verstanden. Forscher der MedUni Wien lieferten nun einen weiteren Baustein zur Entschlüsselung des Krankheitsbildes. Müdigkeit, Niedergeschlagenheit, Heißhunger und Gewichtszunahme sind einige der Symptome. Die Studie wurde im Fachmagazin World Journal of Biological Psychiatry veröffentlicht.

Die Gruppe um Christoph Spindelegger und Rupert Lanzenberger (Uniklinik für Psychiatrie und Psychotherapie) untersuchte einen bestimmten Serotonin-Rezeptor. Serotonin gilt als „Glückshormon“. Produziert der Körper zu wenig davon – etwa durch Lichtmangel – drückt das die Stimmung. Der in der Studie untersuchte Serotonin-Rezeptor fungiert als Andockstelle des Botenstoffs. „Bei Depressionen oder Angststörungen ist das Bindungspotenzial dieses Rezeptors stark vermindert“, so die Autoren. „Derartige Veränderungen an diesem speziellen Neuron, der eigentlichen Zielzelle der Serotonin-Übertragung, konnten bisher nicht nachgewiesen werden. Das ist also ein wichtiger Baustein“, sagt Siegfried Kasper, Leiter der Uniklinik für Psychiatrie und Psychotherapie. Rund 90 Prozent der Bevölkerung würden darunter leiden. „Das Gros schleppt sich durch den Tag. Fünf Prozent sind so schwer betroffen, dass sie wirklich handlungsunfähig sind.“

Die tägliche Extraportion Licht hilft. „Biochemische Vorgänge wie die Serotoninproduktion setzen erst bei 2500 Lux ein. Pro Tag sollte man also 3000 bis 5000 Lux, etwa bei Spaziergängen, sammeln“, rät der Experte. Der Großteil kriege weit weniger ab, weil die meisten im Büro arbeiten. Eine Glühbirne liefert magere 500 Lux.

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Erhellend

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Dass Licht ein wirksames Medikament ist, zeigt eine noch unveröffentlichte Studie von Ass.-Prof. Dietmar Winkler, Leiter der Ambulanz für Herbst-Winter-Depression, AKH Wien. Er untersuchte Lichttherapien in psychiatrischen Kliniken im deutschsprachigen Raum. Seit 1994 sei die Anwendung „substanziell gestiegen“ – von 13 auf 69,8 Prozent. Auch im Einzelhandel gibt es erschwingliche Geräte mit hoher Lichtintensität (ohne schädliches UV-Licht wie bei Bräunungsgeräten). Bei 10.000 Lux reicht eine Lichtdusche von 30 Minuten. Relativ neu sind Licht-Brillen, die mobil genutzt werden können. Ein weiterer Ansatz ist Blaulicht. Es beeinflusst die Gefühlsverarbeitung im Gehirn. „Das klingt vielversprechend, ist aber noch nicht ausreichend klinisch belegt“, so Kasper. Dass Schnee gegen Winterdepression helfen kann, sei eine alte Weisheit. „Allein durch die stärkere Lichtreflexion wird der gesamte Augenhintergrund punktuell beleuchtet.“

BUCHTIPP

Siegfried Kasper, Norman E. Rosenthal, Lichttherapie, Kneipp-Verlag, 17,95 €

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