Kubas Impfstoff gegen Lungenkrebs

Zwei Fläschchen mit dem Lungenkrebsimpfstoff CimaVax-EGF: Medizinforschung hatte in Kuba Priorität
Mit der Öffnung könnten auch Patienten in den USA und Europa das Präparat erhalten.

Kubanische Zigarren gelten vielen als die besten der Welt – und auch viele Kubaner sehen das so. Lungenkrebs ist deshalb die vierthäufigste Todesursache in Kuba.

Kein Wunder also, dass Forscher von Kubas "Zentrum für Molekulare Immunologie" (CIM) bereits seit 1992 an einem therapeutischen Impfstoff gegen Lungenkrebs forschen – Kubas Medizinforschung und Biotechnologie sind hoch entwickelt. Und die Annäherung zwischen Kuba und den USA könnte dazu führen, dass in einigen Jahren Patienten in den USA und Europa von dem Impfstoff profitieren werden – sollten weitere Studien, die in den USA geplant sind, erste Erfolge bestätigen.

Nach der Chemo

Der Impfstoff CimaVax EGF wird in Kuba Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkrebs (häufigster Lungenkrebstyp) nach der Chemotherapie verabreicht. Er löst die Bildung von Antikörpern gegen einen Wachstumsfaktor (EGF) der Krebszellen aus: Die Antikörper hängen sich an die Wachstumsfaktoren und verhindern so, dass diese an die Krebszellen das Signal zum Wachsen weitergeben – das Tumorwachstum verlangsamt sich.

In einer Studie mit 80 Patienten "zeigte sich eine durchschnittliche Lebensverlängerung zwischen vier und sechs Monaten", heißt es bei der britischen Organisation "Cancer Research UK". "Symptome wie Husten und Atemnot verringerten sich." Bei Unter-60-Jährigen kam es sogar zu einer durchschnittlichen Lebensverlängerung von 15 Monaten – im Vergleich zur Kontrollgruppe, die den Impfstoff nicht erhielt. Nebenwirkungen gab es fast keine.

Weitere Studien notwendig

"Die Daten klingen interessant, aber es sind noch weitere Untersuchungen notwendig, bevor eine Zulassung in Europa möglich wird", sagt Univ.-Prof. Michael Studnicka, Präsident der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie. "Ein solcher Impfstoff könnte aber unser Arsenal an Therapien erweitern."

Schon jetzt gebe es zielgerichtete Medikamente, die bei Lungenkrebspatienten mit einer bestimmten Gen-Mutation die Antenne der Krebszellen für diesen Wachstumsfaktor EGF blockieren – und damit ebenfalls das Tumorwachstum hemmen. "Darauf sprechen aber nur 15 Prozent der Patienten an."

Abwehr aktivieren

Eine weitere Hoffnung für Lungenkrebspatienten sind in Entwicklung befindliche Präparate, die eine Fähigkeit des Tumors aushebeln: Dieser kann die Funktion von Abwehrzellen lähmen – sie greifen den Tumor nicht mehr an. Die neuen Präparate heben diese Unterdrückung des Immunsystems auf, die Abwehrzellen attackieren wieder die Krebszellen. "Bei Hautkrebs haben sich in Studien bereits beeindruckende Ergebnisse gezeigt", so Studnicka. Ende 2015 soll es auch Daten zur Wirksamkeit bei Lungenkrebs geben.

Lungenkrebs gehört zu den gefährlichsten Krebserkrankungen. Weltweit ist er mit 1,4 Millionen Todesfällen jährlich die häufigste Krebs-Todesursache. In Europa stehen 85 Prozent der Fälle mit dem Rauchen in Zusammenhang. Studien prognostizieren, dass in Europa heuer erstmals mehr Frauen an Lungenkrebs als an Brustkrebs sterben könnten.

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