Der Blick in den Darm rettet Leben

Der Blick in den Darm rettet Leben
Dank moderner Therapien leben Patienten mit Darmkrebs deutlich länger.

Es ist eine hoffnungsvolle Botschaft für Menschen mit Darmkrebs: Vor sieben Jahren lag die mittlere Überlebenszeit bei Patienten, deren Erkrankung auch schon auf andere Organe übergegriffen hat, bei rund sechs Monaten. Aber mit der Einführung moderner Therapien mit Antikörpern und auch dank verbesserter Operationsmethoden liegt die Überlebenszeit heute jenseits der „Schallmauer“ von 24 Monaten: Darauf weisen der Chirurg Univ.-Prof. Béla Teleky und die Onkologin Ass.-Prof. Irene Kührer (beide AKH Wien / MedUni Wien) anlässlich des derzeit an der MedUni Wien stattfindenden Jubiläumskongresses zum zehnjährigen Bestehen der „European Federation for coloRectal Cancer“ (EFR) hin. Teleky ist Präsident , Kührer Generalsekretärin dieser internationalen Organisation.

„Unser Motto lautet verhindern / heilen / lindern“, sagt Kührer. „Heute ist es nicht mehr so wie früher, wo der Chirurg das Sagen hatte“, betont Teleky: „Heute wird die Erkrankung jedes einzelnen Patienten gemeinsam von allen beteiligten Disziplinen wie Radiologie, Pathologie, Gastroenterologie, Onkologie, Chirurgie und Strahlentherapie besprochen. Gemeinsam wird auch die Therapie erstellt.“ Und in diesen „Tumorboards“ wird das beste „therapeutische Fenster“ für bestimmte Behandlungen festgelegt.

Vielfach gibt es bereits maßgeschneiderte Therapien: Routinemäßig wird bei Patienten mit Metastasen mit einer Blutprobe ein Gen-Test durchgeführt. Dabei wird untersucht, ob das KRAS-Gen in seiner ursprünglichen oder in einer veränderten Form vorliegt. Kührer: „Das eine ist nicht schlechter als das andere. Aber von der jeweiligen Gen-Variante hängt die Form der Therapie ab.“

Träger des Gens in seiner ursprünglichen Form bekommen einen von zwei Antikörpern, die Wachstumsfaktoren zur Zellteilung blockieren – der Tumor schrumpft.

Träger des Gens in seiner veränderten Form bekommen einen Antikörper, der gezielt die Bildung neuer Blutgefäße für die Versorgung des Tumors mit Nährstoffen und Sauerstoff hemmt. Seit Februar gibt es dafür ebenfalls zwei Präparate.

Kührer: „Durch den Gen-Test können wir dem Patienten Therapien, die nicht wirken, ersparen.“ Sind lediglich Lunge oder Leber von Metastasen betroffen, ist vielfach auch eine Heilung möglich.

Große Fortschritte gibt es auch bei der Planung und Durchführung von Operationen – Beispiel Enddarmkrebs: „Noch in den 70er-Jahren bekamen rund 80 Prozent der Patienten einen bleibenden künstlichen Ausgang. Heute sind es an unserer Klinik lediglich 15 Prozent, bei 85 % können wir den Schließmuskel erhalten“, so Teleky.

Vorsorge

Darmkrebs ist in den meisten Fällen verhinderbar“, betont Kührer: „Durch eine Darmspiegelung ab dem 50. Lebensjahr und einen gesunden Lebensstil.“ Bei erfahrenen Medizinern seien die klassische sanfte (schmerzarme) Koloskopie (mit „Kurzanästhesie“) sowie die „virtuelle Endoskopie“ (Computertomografie-Untersuchung) vom Ergebnis her vergleichbar. Teleky: „Aber die klassische Form ist nach wie vor der Goldstandard.“

www.krebshilfe.net (Broschüre unter Information/Vorsorge)

Österreich als Darmkrebs-Zentrum
Plattform Die European Federation for coloRectal Cancer (Europäische Vereinigung für Dickdarmkrebs) wurde 2003 gegründet. Sie ist eine Plattform und Drehscheibe zum internationalen Wissensaustausch und zur Verbesserung der Behandlungs- möglichkeiten dieser Krebsart. Zum Jubiläumskongress an der MedUni Wien kommen rund 400 Top-Experten aus der ganzen Welt: www.efrcancer.org

Der Blick in den Darm rettet Leben

Kommentare