Gesundheitsserie: Absage an alle Gurus

Ingrid Amon nahm 25 kg ab, seit 20 Jahren hält sie ihr Gewicht
Wie ein gutes Leben gelingt – mit vielen Selbsterfahrungen, aber ohne Diäten.

Kalorienzählen, lustlos Rohkost knabbern oder überhaupt hungern – das mag sich positiv auf der Waage bemerkbar machen und vielleicht kurzfristig das Körperbewusstsein heben. Langfristig hören damit aber die wenigsten auf die wahren Bedürfnisse ihres Körpers.

Gerade dafür ein Bewusstsein zu entwickeln, hält Ingrid Amon aber für einen der wichtigsten Schritte. "Jeder muss herausfinden: Was tut mir wirklich gut, was passt zu mir, was brauche ich für ein gutes Leben?"

Gesundheitsserie: Absage an alle Gurus
Ingrid Amon
Die Sprechtrainerin hat 25 Kilogramm abgenommen– und hat dabei viel über sich selbst gelernt. Das geht weit über ihr Ernährungsverhalten hinaus. Rückblickend sieht sie diese Selbsterfahrungen als den Grund, warum sie seit 20 Jahren ihr Gewicht hält. Ohne Diäten übrigens. "Das Thema Diäten muss heute viel breiter gesehen werden."

Sich selbst verstehen

Sich selbst besser zu verstehen breitet sich auf den gesamten Alltag aus. "Man bekommt Sicherheit, wenn man weiß, was einem guttut. Aus diesem Wissen heraus kann man das ganze Leben verändern." Das dauere zwar länger als Crash-Diäten. "Aber Sicherheit macht vieles leichter im Leben."

Gesundheitsserie: Absage an alle Gurus
Ingrid Amon, Mein Essbuch
Jahrelang habe sie selbst jedes Konzept ausprobiert, das Gewichtsreduktion versprach, "vom Ernährungsberater bis zum Fitnessguru". Aber all diesen Ratschlägen, die von anderen kamen, fehlte etwas Entscheidendes. "Nämlich, was ein bestimmtes Konzept mit mir ganz persönlich macht."

Um das herausfinden, hilft nur Ausprobieren. Nehmen wir das Modell, nur zu essen, wenn man Hunger verspürt. "Ich kannte ja dieses Gefühl überhaupt nicht mehr, wie sollte ich denn danach leben?" Also spürte Ingrid Amon ihrem persönlichen Hungergefühl nach, hörte in ihren Körper und dachte genauso an ihn. Denn aus ihrer Sicht muss die viel zitierte Phrase "auf sich hören" erweitert werden. "Das schränkt ein wenig ein. Ich muss mich wahrnehmen, mich spüren. Blind etwas auszuführen, das gar nicht zu mir passt, wird nicht zum Erfolg führen."

Sieben-Tage-Challenge

Mit einer "Sieben-Tage-Challenge" gelingt das schon eher. "Das ist ein Zeitraum, den jeder durchhält. Egal, ob man fleischlose Ernährung oder Stiegensteigen probiert." So nebenbei wird auch die Experimentierfreude angeregt. "Daraus entsteht wiederum ein hoher Lustfaktor. ‚Ich experimentiere mit Zuckerfreiheit‘ ist positiver besetzt als ‚Ich darf keinen Zucker essen.‘" Dass dieser Zugang effizient ist, beweisen mittlerweile Erkenntnisse aus den Neurowissenschaften. Denn Verhaltensveränderungen funktionieren nachweislich am besten, über den Lustfaktor. Dadurch entstehen neue, positive neuronale Verbindungen.

Übrigens: Ob eine Challenge in den Alltag integriert wird oder eine andere besser passt: das Ergebnis bringt in jedem Fall etwas, betont die Expertin. "Unterm Strich habe ich immer etwas davon, weil ich etwas über meine Bedürfnisse gelernt habe."

Buchtipp: Ingrid Amon, Mein Essbuch, Verlag Nymphenburger, 20,60 €.

Kleine, aber bewusste Schritte können schon viel in der Wahrnehmung der eigenen Persönlichkeit verändern, sagt Ingrid Amon.

Akzeptanz: „Vor der Veränderung kommt Akzeptanz.“ Sich nicht wohl zu fühlen oder an seinem Übergewicht zu leiden hat auch eine seelische Komponente. Versuchen Sie täglich einem anderen Teil ihres Körper erhöhte Aufmerksamkeit zu widmen. Zum Beispiel fünf tiefe Atemzüge für die Lunge, Lieblingsmusik für die Ohren oder schöne Bilder für die Augen, etwa im Museum.

Kopfarbeit: „Gewichtsverlust beginnt im Kopf“, betont die Expertin. Und geht darüber hinaus: „Reflexion ist das A und O jeder bewussten Kursänderung im Menschenleben.“ In der Praxis ist es sinnvoll, sich Gedanken über seine Ziele zu machen, etwa: Was ist Ihr höchstes Ziel? Möchten Sie Ihr Wunschgewicht mühelos halten?

Maßhalten: „Wenn etwas kommt, muss etwas anderes gehen.“ Das heißt, zum Beispiel für jedes neue Paar Schuhe eines ausmustern. Mit diesem Prinzip lässt sich Stabilität in viele Lebensbereiche bringen. Diese Entrümpelung hat auch Auswirkungen auf das Essverhalten. Denn auf der Ernährungsebene lassen sich individuelle Grenzen gut entdecken.

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