Knieschmerz: Warum manche Spritzen nur kurzfristig helfen

Injektionen in das Gelenk seien oft wirkungslos, so eine neue Studie. Viele Orthopäden sehen das anders.

Viele Patienten haben gute Erfahrungen gemacht: Spritzen ins Kniegelenk – mit Hyaluronsäure oder auch Kortison – haben ihre Beschwerden deutlich gelindert.

"Aber auf längere Zeit sind sie häufig wirkungslos. Ihr Nutzen wird allzu oft überschätzt und die damit verbundenen Risiken, wie etwa Entzündungen oder Schwellungen, ausgeblendet", sagt jetzt Prof. Gerd Gigerenzer, Direktor des Harding Zentrums für Risikokompetenz am Max-Planck-Institut in Berlin. Dieses hat für den "Faktencheck Gesundheit" der Bertelsmann-Stiftung die aktuelle Literatur zu dem Thema analysiert. Nach Einschätzung der Experten des Zentrums sind insbesondere Hyaluron-Injektionen kritisch zu bewerten: Die Behandlung führe zwar gelegentlich zu geringfügigen Schmerzlinderungen und mehr Beweglichkeit. Allerdings seien Besserungen nach wenigen Monaten oft nicht mehr nachweisbar. Auch Kortikoid-Injektionen sind laut "Faktencheck Gesundheit" keine Alternative: Sie könnten Schmerzen ebenfalls oft nur kurzfristig lindern.

Darüber hinaus würden die Injektionen nicht selten Nebenwirkungen wie gerötete Haut, Schwellungen und auch Gelenksentzündungen hervorrufen.

Auch Gelenksspiegelungen (Arthroskopie) sieht die Studie kritisch: Viele Patienten könnten nach der Operation im Vergleich zu Nicht-Operierten weder besser gehen, noch hätten ihre Schmerzen nachgelassen.

Eigenverantwortung

"Patient und Arzt sollten zunächst alle konservativen Maßnahmen ausschöpfen", sagt Eckhard Volbracht von der Bertelsmann Stiftung: Also u. a. Gewichtsreduktion, gelenkschonende Aktivitäten, Physio-, Ergo- und physikalische Therapie. "Sie erfordern zwar mehr Eigenverantwortung, doch richtig eingesetzt, helfen sie oft nachhaltiger."

Doch die Aussagen der deutschen Experten bleiben nicht unwidersprochen: "Bei den Injektionen passt die Datenlage oft nicht mit der Erfahrung zusammen, die wir machen", sagt Oberarzt Klaus Schatz von der Uni-Klinik für Orthopädie der MedUni Wien. "Die Patienten profitieren sehr häufig davon, ihre Beschwerden werden gelindert und ihre Lebensqualität gesteigert."

Allerdings: "Sie können die Gleiteigenschaften der Knorpeloberflächen verbessern, aber keine Knorpelsubstanz aufbauen." Das sei wie bei einem Ölwechsel beim Auto: "Der Motor läuft nachher runder, aber am Zustand des Motors ändert sich dadurch nichts. Die Arthrose wird dadurch aber nicht aufgehalten."

Ähnlich auch Prim. Josef Hochreiter, Vorstand der Abt. für Orthopädie im Spital der Barmherzigen Schwestern in Linz: "Es ist eine reine Therapie der Symptome und keine Heilung. Bei vielen Patienten kann aber mit Spritzen über längere Zeit eine deutliche Linderung der Schmerzen erzielt werden und sie können sich dadurch jahrelang den Ersatz des Gelenks ersparen. Aber einem Patienten zu sagen, wir machen eine Spritzenkur und dann ist das Problem weg, das ist falsch."

Vor allem aber werde oft erst durch diese Schmerzreduktion die Chance für ein gelenksschonendes Training eröffnet. Bei den Gelenksspiegelungen sei man in den vergangenen Jahren hingegen deutlich zurückhaltender geworden, sagen die Orthopäden: "Eine Arthroskopie, nur um das Gelenk zu spülen oder den Knorpel zu glätten, bringt wenig", so Hochreiter: "Das kann sogar zu Verschlechterungen führen."

"Eine Arthrose alleine ist keine Rechtfertigung, keine Indikation für eine Gelenksspiegelung", sagt Orthopäde Schatz: "Es muss immer etwas Behandelbares geben, etwa einen Meniskuseinriss oder kleine Knorpeldefekte."

Knieschmerz: Warum manche Spritzen nur kurzfristig helfen

Übergewicht, Überbelastung, Gelenksentzündungen, Stoffwechselerkrankungen: Das alles können Ursachen von Gelenksverschleiß (Arthrose) sein. Am häufigsten betroffen sind Knie und Hüfte. Arthrose ist auch die häufigste Schmerzursache für diese Gelenke. Regelmäßige Bewegung lindert die Krankheitszeichen der Arthrose und verlangsamt ihr Fortschreiten.

Moderates Training ist ein zentraler Bestandteil der Arthrose-Therapie. "Meist hindern die Schmerzen die Patienten, sich regelmäßig zu bewegen", sagt der deutsche Sportwissenschaftler Klaus Bös: "Doch dadurch geraten sie in einen Teufelskreis: Schont sich der Arthrose-Patient, wird weniger Gelenksflüssigkeit produziert und die Knorpel werden rau und spröde, was wiederum zu mehr Verschleiß und Schmerzen führt." Wichtig sei die richtige Auswahl des Trainings (siehe Grafik): Walking, Dehn- und Kräftigungsübungen sind bei Schmerzen besonders zu empfehlen.

Kommentare