Antarktis: Große Risse im ewigen Eis

Der Thwaites Gletscher in der Antarktis
Auch am Südkontinent wird der Klimawandel deutlich. Nicht nur das bereitet Forschern Sorge.

Die Antarktis ist die Kältekammer der Erde. Im Gegensatz zum Pendant im Norden – der Arktis – galt das Eis des Südkontinents allerdings lange Zeit als stabil. Doch inzwischen werden auch dort die Gletscher immer kleiner und in einigen Gegenden könnte der Prozess der Schmelze unumkehrbar sein.

Eine Botschaft, die nicht jeder hören will. Offensichtlich auch nicht der neue amerikanische Präsident Donald Trump – von der Homepage des Weißen Hauses wurden Seiten über den Klimawandel jetzt sogar gelöscht. Dass Politik und Wirtschaft Einfluss auf Veröffentlichungen zum Thema nehmen wollen, ist für Klimaforscher Ben Marzeion von der Uni Bremen (Deutschland) nichts Neues.

"Was jetzt aber in den USA passiert, hat eine neue Qualität. Ich befürchte, dass in den nächsten Jahren viel an guter, fundierter Wissenschaft kaputtgemacht wird, wenn Gelder für die Forschung gestrichen werden. Das wird nachhaltig wirken, weil man z. B. Institute nicht so einfach wieder aufmachen kann. Da geht dazwischen viel an Know-how verloren, an das spätere Wissenschaftler nicht mehr so einfach anknüpfen können." Bisher seien die Vereinigten Staaten ein Vorbild gewesen, weil z. B. die NASA und andere Einrichtungen alle Daten veröffentlicht haben.

Wärme aus der Tiefe

Es waren auch amerikanische Wissenschaftler von der University of California, die jetzt eine neue Entdeckung in der Antarktis gemacht haben, nämlich eine Art "Fußbodenheizung" unter den Gletschern, die für die Schmelze mitverantwortlich sei. Die Forscher haben bei Messungen unter der Amundsen-See (siehe Grafik) tiefe Schluchten im Meeresgrund ausgemacht, durch die warmes Tiefenwasser unter das Eis gespült wird. "Diese Kerben im Meeresboden sind bis zu 1000 Meter tiefer als bisher angenommen", sagt Forschungsleiter Romain Millan. Die beiden größten beginnen bei einer Tiefe von 1200 Metern. Vor vielen dieser Gräben haben die Forscher allerdings Schwellen entdeckt, die verhindern, dass zu viel Warmwasser unter den Gletscher drängt.

Für Ben Marzeion steht fest, dass das zunehmende Warmwasser eine Folge des Klimawandels ist. "Sicher haben wir noch nicht im Detail verstanden, wie sich die Erderwärmung auswirkt, doch dass diese existiert und dass sie von Menschen verursacht ist, ist für die Wissenschaft eindeutig. Für alle anderen Theorien gibt es einfach keinen fundierten wissenschaftlichen Beleg."

Eisblöcke

Anders als in der Arktis bedeutet Schmelze am Südkontinent meist, dass sich riesige Eisberge vom Gletscher lösen und dann im Meer treiben. Jüngstes Beispiel: Im Larsen-Schelfeis im Osten der Antarktis entstand ein gewaltiger Riss von 160 Kilometer Länge und 500 Meter Tiefe, der eine Art Halbinsel entstehen ließ. Es ist nur eine Frage von Monaten oder gar Wochen, bis der Eisberg sich ganz löst – Fachleute nennen diesen Vorgang kalben. Dann schwimmt ein Koloss doppelt so groß wie Vorarlberg im Ozean. Der Gigant würde dann zu den zehn größten jemals registrierten Eisbergen gehören.

"Eigentlich bremst das Schelfeis den Nachfluss von Wasser aus dem Festland der Arktis", sagt Marzeion. Wenn dieses Schelfeis weniger wird, fließt also mehr Wasser in den Ozean.

Wobei der Klimaforscher auch beruhigt: "Von den ca. drei Millimeter, die der Meeresspiegel jedes Jahr ansteigt, kommen 0,25 bis 0,4 Millimeter aus der Antarktis. Der Rest stammt von den Gebirgsgletschern, von Grönland und von der Ausdehnung des Meerwassers durch die Erwärmung." Dass die Antarktis völlig eisfrei wird, ist laut Wissenschaft allerdings äußerst unwahrscheinlich – nicht einmal in den nächsten Jahrtausenden wird es so weit sein. Zum Glück: Denn auf dem 14 Millionen k großen Kontinent ist so viel Wasser gespeichert, dass die Erwärmung einen Anstieg des Meeresspiegels um 65 Meter zu Folge hätte.

Im Norden könnte es in den nächsten Jahrzehnten sogar noch kälter werden, wie eine neue Studie vom kalifornischen Scripps-Institut zeigt: Der Salzaustausch zwischen Atlantik und Indischem Ozean in Südafrika spielt dabei eine entscheidende Rolle. Verringert sich die Salzzufuhr, könnte der Golfstrom zum Stillstand kommen.

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