Jede(r) Dritte hat bereits die "Pille danach" genutzt

Verhütung mit Pannen - bei Weitem kein Einzelfall
Fast jedem zweiten Österreicher ist schon einmal eine Panne bei der Verhütung passiert.

Das Kondom ist gerissen, abgerutscht oder wurde im Eifer des Gefechts "vergessen" – seit fünf Jahren müssen Frauen bei Verhütungspannen nicht mehr zum Arzt, sondern können sich die "Pille danach" ohne Rezept in der Apotheke abholen. Gesundheitsminister Alois Stöger ist nach wie vor überzeugt: "Trotz der großen Widerstände vor Abschaffung der Rezeptpflicht, war es ein richtiger Schritt."

90 Prozent der Präparate werden laut Apothekerkammer an Samstagen und Sonntagen verlangt – würde eine Frau wie früher erst am Montag zum Arzt gehen, könnte es zu spät für eine Notfallverhütung sein, denn diese wirkt am besten in den ersten 24 Stunden nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr (siehe unten).

Im Gegensatz zu so manchem Vorurteil, passieren Verhütungspannen nicht nur jungen Menschen, zeigt eine aktuelle Umfrage von meinungsraum.at. In der Gruppe der 18- bis 29-Jährigen hatte mehr als jeder Zweite in den vergangenen fünf Jahren einen Verhütungsunfall – auch in der Gruppe der 40- bis 49-Jährigen war fast jeder Dritte betroffen.

Immerhin: 94 Prozent der Österreicher kennen die "Pille danach" oder haben schon davon gehört. Jeder Dritte hat sie schon direkt oder indirekt (als Partner) genutzt.

Notfallverhütung

Gegnern, die eine maßlose Einnahme befürchten, entgegnet Christian Fiala von der Europäischen Fachgesellschaft für Notfallverhütung: "Die Pille danach ist eine Notfall-Erstversorgung nach einem Verhütungsunfall. Niemand käme auf die Idee, unvorsichtiger Auto zu fahren, weil er einen Verbandskasten dabei hat."

Gleichzeitig kritisiert Fiala die mangelnde Vorsorge in puncto Verhütung: "Noch nie gab es so hochwirksame Medikamente zur Verhütung und trotzdem werden in Österreich noch immer geschätzte 30.000 ungewollte Schwangerschaften abgebrochen."

Dennoch liegt das Problem nicht am Informationsmangel, sagt Prim. Univ.-Prof. Barbara Maier, Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Familienplanung. Ob über das Internet, über jugendgerechte Spiele-Apps wie "Spermex" oder persönlich in Anlaufstellen wie den"First Love"-Ambulanzen gebe es eine Vielfalt an Möglichkeiten, sich über Verhütung zu informieren.

Trotzdem gehen viele Schwangerschaften auf fehlende oder fehlerhafte Verhütung zurück. "Die Frage ist, wie gut man das Wissen in der Situation umsetzen kann. Sexualität ist mit Spontanität verbunden", sagt Maier.

Umso mehr plädieren die Experten dafür, gerade für Jugendliche einen kostenfreien Zugang zu Verhütungsmitteln zu ermöglichen – wie es in anderen europäischen Ländern längst üblich ist. "Das sollte sich ein reiches Land wie Österreich leisten können."

Verzögerter Eisprung: Entgegen vieler Mythen führt die „Pille danach“, die rezeptfrei in Apotheken erhältlich ist, nicht ein befruchtetes Ei ab, sondern verzögert lediglich den Eisprung, um eine Befruchtung zu verhindern. Daher sollte sie bestenfalls innerhalb von 24 Stunden nach dem ungeschützten Verkehr eingenommen werden – spätestens innerhalb von drei Tagen bei Verwendung des Medikaments "Vikela", bzw. fünf Tagen bei "ellaOne". Nach Einnahme der „Pille danach“ ist man daher auch nicht für den restlichen Zyklus vor einer Schwangerschaft geschützt.

Wovor schützt die Pille? Und was ist bei der Anwendung eines Kondoms die große Kunst? Oder sind Sie etwa ein Verhütungs-Dummie? Was wissen Sie wirklich?

In seinem Kampf um kostenlose Verhütungsmittel für Frauen hat US-Präsident Barack Obama eine Niederlage erlitten. Das Oberste Gericht in Washington urteilte am Montag, dass von Arbeitgebern bezahlte Krankenversicherungen die Ausgaben für Verhütungsmittel nicht übernehmen müssen, wenn die Firmenbesitzer das aus religiösen Gründen ablehnen.

Fünf der neun Richter am Supreme Court folgten der Klage mehrerer Firmen gegen eine Regelung in Obamas Gesundheitsgesetz. Diese verpflichtet Unternehmen neuerdings, für Versicherungen aufzukommen, die bestimmte Verhütungsmethoden wie die „Pille danach“ umfassen. Das Gericht erkannte laut der „Washington Post“ erstmals an, dass auch Unternehmen das Recht auf Religionsfreiheit geltend machen können. Frauenrechtler zeigten sich über das Urteil entsetzt, Konservative hingegen bejubelten ihren Erfolg.

Der Supreme Court stellte aber klar, dass sich sein Urteil allein auf Verhütungsmittel begrenze. Es bedeute nicht, dass Firmen auch andere medizinische Maßnahmen wie Bluttransfusionen oder Impfungen aus religiösen Überzeugungen ausschließen dürften. Auch verwiesen die Richter auf einen Ausweg: Bereits jetzt übernimmt die Regierung die Kosten für Verhütungsmittel, wenn Frauen für Kirchen oder andere religiöse Einrichtungen arbeiten. (APA)

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