Integration durch Gesundheitsvorsorge
Für die drei türkischstämmigen Frauen aus Guntramsdorf, NÖ, war es eine Premiere: Zum ersten Mal in ihrem Leben gingen sie zu einem Arzt, obwohl sie keine Schmerzen hatten - sie waren bei der Vorsorgeuntersuchung. Begleitet wurden sie von einer "Gesundheitstutorin" - einer Frau aus ähnlichem sozio-kulturellen Hintergrund wie sie selbst, aber mit einer speziellen Schulung.
Rund 300 wenig gebildete und sozial schwache Migrantinnen hat das Projekt "Gesundheit kommt nachhause" (Gekona) vom Verein beratungsgruppe.at in den vergangenen drei Jahren erreicht - "und damit auch einen wesentlichen Beitrag zu ihrer Integration geleistet", erzählt Projektleiterin Liesl Frankl. Gekona ist ein Gewinner des vom Land Niederösterreich initiierten "Vorsorgepreis".
"Sämtliche Studien zeigen, dass gerade die sozial schwachen, zugewanderten Frauen besonders hohen Gesundheitsrisiken ausgesetzt sind", sagt Frankl: "Bunte Folder -, auch wenn sie in der Muttersprache verfasst sind - bringen alleine nichts. Diese Frauen lesen keine Broschüren oder Gesundheitsartikel in den Medien, verstehen Beipack- und Etikettentexte nicht. Gleichzeitig sind sie oft sehr unselbstständig und haben Angst, alleine ihre Wohnumgebung zu verlassen."
Deshalb wählte das Projekt Gekona einen anderen Zugang: "Wir haben die Gesundheitstutorinnen ausgebildet. Sie haben in mehreren nö. Gemeinden und auch in Wien Frauen zu Hause über einen Zeitraum von sechs Monaten immer wieder besucht." Anhand leicht verständlicher und unterhaltsamer Unterlagen wird in Mütterrunden über Aspekte der körperlichen, psychischen und sozialen Gesundheit gesprochen: Von der Bedeutung des Zähneputzens von Anfang an bis zu den Folgen einer ungesunden Ernährung: "Viele Frauen wussten etwa nicht, dass Mädchen auch eine Pubertät haben - jetzt können sie mit den Problemen ihrer Töchter viel besser umgehen."
Selbstbewusster
Nach dem halben Jahr sind die Migrantinnen selbstbewusster geworden: "Viele haben in der Folge einen Deutschkurs besucht, der Kontakt zur einheimischen Bevölkerung hat sich zum Teil deutlich verbessert - in einer Gemeinde kam ein gemeinsames Fest zustande. Einige machen jetzt auch gemeinsam Gymnastik, nachdem sie gelernt hatten, wie wichtig Bewegung ist." Nach drei Jahren läuft Ende des Jahres die öffentliche Förderung für das Projekt allerdings aus - "trotz des großen Bedarfs, der an solchen Angeboten herrscht", bedauert Frankl.
Doch zumindest sei ein Nachfolgeprojekt geplant: "Viele der Migrantinnen leiden an Beschwerden, die einen psychosozialen Hintergrund haben: Angststörungen, Kopf- und Rückenschmerzen, Unwohlsein." Ähnlich wie bisher sollen die Gesundheitstutorinnen in Frauenrunden Gespräche über psychische Gesundheit anregen: "Sie haben es nie gelernt, auf sich selbst zu achten. Genau das wollen wir ihnen aber beibringen."
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