Die Schattenseiten des Fitnesshypes

Die Schattenseiten des Fitnesshypes
Wie das Geständnis einer Fitnessbloggerin für Aufregung sorgte.

Wer seine Zeit lieber auf dem Sofa als im Fitnessstudio verbringt, sollte lieber keinen Blick auf die Fotoplattform Instagram werfen: Dort wimmelt es nur so vor trainierten Körpern, Avocadosalaten und grünen Smoothies. Die Fotos zum Fitness- und Ernährungshype werden unter dem Hashtag #fitspo (kurz für "Fitspiration", eine Wortkreation aus "Fitness" und "Inspiration") gepostet und sollen andere zu einem gesünderen Lebensstil motivieren. Wer den begehrten Waschbrettbauch erreicht hat, rühmt sich mit Vorher-Nachher-Fotos – und gönnt sich als Belohnung einen Chia-Samen-Pudding.

Outing

Das Geständnis einer der bekanntesten Fitnessbloggerinnen wirft jetzt die Frage auf, wie gesund der Körper-Wahn im Netz wirklich ist. Auf ihrem Instagram-Profil gab die 21-jährige Celia Learmonth, Gründerin des Blogs "London Fitness Guide", zu, ein gestörtes Verhältnis zu Essen zu haben.

"Ich suche Hilfe in einer Klinik", schrieb sie unter eines ihrer unzähligen Work-out-Fotos. "Ich wollte immer so ehrlich wie möglich sein, und das ist die Wahrheit." Pro Tag nahm die Britin nicht mehr als 1500 Kalorien zu sich, obwohl sie täglich mehrere Sporteinheiten absolvierte. Auf ihrem Profil bezeichnete sie sich nun als "betrügerisch" – die vielen Likes seien ein "virtueller Applaus" gewesen. Sie habe geglaubt, ihren Körper unter Kontrolle zu haben, dabei sei das Gegenteil der Fall.

Das Outing dürfte für ihre knapp 30.000 Abonnenten überraschend gekommen sein, hatte die Bloggerin doch stets einen – scheinbar – gesunden Lebensstil propagiert: mit Fotos von ihrem trainierten Body, kohlenhydratarmen Gerichten und ihren liebsten Fitnessübungen.

Instarexic

Der Erfolg von Celia Learmonth oder Fitness-Star Kayla Itsines (3,9 Millionen Follower) beweisen: Fit ist das neue Dünn – aber nicht weniger gefährlich. Während noch vor wenigen Jahren Trends wie Oberschenkellücke und Bikinibrücke ein falsches Schönheitsideal vermittelten, sind es nun Bilder von Fitnessbloggern, die Tausende, meist jüngere Frauen zum Abnehmen motivieren – ein Trend, der vor allem Teenager rasch in eine Essstörung führen kann. Ein englischer Mediziner nannte das Phänomen "Instarexic" – zusammengesetzt aus "Instagram" und "anorexic", dem englischen Wort für "magersüchtig".

Motivation

Johanna Zierl, Psychotherapeutin bei Intakt, einem Therapiezentrum für Menschen mit Essstörungen, sieht den Fitnesshype in den sozialen Netzwerken kritisch. "Die propagierten Schönheitsideale schaffen einen irrsinnigen Druck. Man bekommt das Gefühl, dass man in der Früh nichts anderes essen darf als Avocados und Chia-Samen. Jede Essstörung beginnt mit einer Diät, und diese Profile sind eine große Motivation."

Sport und ausgewogene Ernährung seien wichtig, sollten aber nicht zum Mantra werden. "Man sollte kein schlechtes Gewissen haben, wenn man ein Stück Schokolade isst. Es darf auch Ausnahmen geben." Zierl rät, den Realitätsgehalt der Instagram-Fotos, die meist mit Filtern aufgehübscht werden, zu hinterfragen. "Das geht am besten, indem man sich so oft wie möglich im echten Leben mit jemandem trifft."

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