Immer mehr gehen trotz Krankheit arbeiten
Präsentismus (von Präsenz – Anwesenheit) nennen Fachleute das Phänomen: Die angespannte Situation am Arbeitsmarkt führe dazu, dass eine steigende Zahl von Menschen trotz Krankheit arbeiten geht: "Sie versuchen mithilfe von Medikamenten und Schmerztherapien weiterhin anwesend zu sein, aber das ist sehr problematisch", sagte Donnerstag der Arbeitsmediziner Erich Pospischil, Leiter des Arbeits- und Sozialmedizinischen Zentrums Mödling, NÖ, bei einer Pressekonferenz in Wien: "Diese Arbeitnehmer sind in ihrer Leistung doch erheblich eingeschränkt. Kluge Firmen berücksichtigen das und entwickeln Strategien dagegen."
14 Prozent aller Krankenstände gehen auf Muskel-Skelett-Erkrankungen zurück, im Durchschnitt sind die Betroffenen 16,7 Tage zuhause. Wobei die Gesamtzahl der Krankenstandstage rückläufig sei, aber – als Folge des Präsentismus – die Kurzkrankenstände zunehmen.
Chronifizierung
Oft falle unter den Tisch, dass psychische Belastungen auch mit Beschwerden des Stütz- und Halteapparates einhergehen: Doch gerade psychische Belastungen würden dazu beitragen, dass die Beschwerden chronisch werden. "Wer im Betrieb wenig soziale Unterstützung erfährt, ist eher belastet." Unternehmen seien mittlerweile verpflichtet, auch das Ausmaß der psychischen Belastungen zu erheben und Maßnahmen dagegen zu setzen.
Was den Rücken bei der Büroarbeit betrifft: "Den ergonomischen Stuhl, der alle Beschwerden verhindert, gibt es nicht", so Pospischil. "Es ist wichtig, zwischendurch aufzustehen und andere Tätigkeiten zu machen."
Weniger Unfälle
Besonders belastend ist das Baugewerbe: "Zwei Drittel der Bauarbeiter haben Lendenwirbelprobleme", so Erich Bata von der AUVA. Stress durch Schmerz sei aber für einen guten Teil der Unfälle verantwortlich. Im AUVA-Projekt "baufit" zeigen Trainer den Arbeitern, wie sie verschiedene Tätigkeiten körperschonend verrichten können. "Im Jahr nach einem solchen Training reduziert sich die Zahl der Arbeitsunfälle um ein Viertel."
Menschen, die das Gefühl haben, es im Job aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zu schaffen, können sich an die Initiative "fit2work" wenden. Beraterin Beatrix Wehinger: "In vielen Fällen gibt es eine Lösung."
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