Wo schwerkranke Kinder geborgen sind

.
Ein Jahr Hilde-Umdasch-Haus: Neuartiges Wohn- und Pflegekonzept für Eltern, die ihre Kinder pflegen.

Ryan kann nicht sprechen und keine Laute von sich geben. Doch lachen, das kann der Zweijährige ausgiebig, wenn er sich wohlfühlt. Obwohl es lautlos ist, sind seine Mimik, seine verschmitzten Augen und seine Gesten eindeutig. Dass der Bub positive Gefühle so ausdrücken kann, ist nicht selbstverständlich. Sein erstes Lebensjahr – also die Hälfte seines bisherigen Lebens – verbrachte er großteils im Krankenhaus. Auf der Intensivstation.

Kein leichter Start ins Leben

Wo schwerkranke Kinder geborgen sind
malteser, schwer behinderter bub, !!!! veröffentlichung honorarfrei in zusammenhang mit hilde umdasch haus amstetten!!!! bei verwendung bitte rückfragen!
Ryan hatte keinen leichten Start ins Leben. Er kam mit offener Bauchdecke zur Welt, Lunge und Thorax waren zu klein. Unzählige Operationen waren nötig, um den kleinen Erdenbürger im Leben zu halten. "Er drehte seinen Kopf nur apathisch von einer Seite auf die andere, sitzen konnte er nur kurz und mit Hilfe", berichtet Veronika Karner über ihre erste Begegnung mit Ryan. Sie leitet das "Hilde Umdasch Haus" (HUH) in Amstetten. Ryan zog im Herbst 2015, kurz nach der Eröffnung, als eines der ersten Kinder ein.

Heute krabbelt er dank zahlreicher spezieller Therapien eigenständig und kann stabil sitzen. "Er hat sich wirklich toll entwickelt", erzählt die Leiterin beim KURIER-Besuch. "Hohe Lebensqualität, durch viel Zuneigung und Wärme, eingebettet in die Intensivpflege und EDEN-Philosophie des 23-köpfigen Teams der Malteser Kinderhilfe, sind für die erstaunliche Entwicklung des kleinen Ryan maßgeblich." Aufgrund dieses hohen Pflegebedarfs kann der Bub derzeit nicht bei seinen Eltern leben.

Neues Wohnkonzept

Wo schwerkranke Kinder geborgen sind
Hilde Umdasch Haus Amstetten, Kinderhospiz, HONORARPFLICHTIG
Im Hilde Umdasch Haus wird erstmals in Österreich ein neues Wohn- und Betreuungskonzept umgesetzt. Die vielfältigen Betreuungsmöglichkeiten sind auf einen Aufenthalt für einige Wochen, um die Eltern zu entlasten, ebenso ausgerichtet, wie für dauerhafte Betreuung wie bei Ryan. Die erwähnte EDEN-Philosophie ist ein Teil davon. Es ist eine ganzheitliche Pflege und Betreuungsform, um den Auswirkungen von Einsamkeit, Hilflosigkeit und Langeweile des betroffenen Kindes gegenzusteuern.

Amstettner Unternehmerin finanzierte Errichtung

Das Haus trägt den Namen der Amstettner Unternehmerin Hilde Umdasch, die den gleichnamigen Konzern (u. a. Doka) jahrzehntelang leitete. Sie finanzierte die Errichtung, betrieben wird sie durch die eigens gegründete "Malteser Kinderhilfe". "Wir sind KR Hilde Umdasch sehr zu Dank verpflichtet", betont Veronika Karner. Die Einrichtung ist als "Palliatives Wohnhaus für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit lebensverkürzenden Diagnosen" geführt.

Die Bedürfnisse der jungen Bewohner sind aufgrund ihrer Krankheitsbilder höchst individuell. "Diese Kinder brauchen etwas anderes als andere kranke Kinder." Derzeit leben sieben Kinder mit unterschiedlichen Ansprüchen im weitläufigen, aus hellem Holz gebauten und lichtdurchfluteten Haus. Einige haben einen dauerhaften hochkomplexen Pflegebedarf, andere mit einer verkürzten Lebenszeit werden palliativ (schmerzlindernd) betreut. "Jedes Kind benötigt eine individuelle Pflege und Betreuung." Nur einer der zehn Betreuungsplätze ist als Hospizplatz gewidmet.

Individuelles pflegerisches Konzept

Wo schwerkranke Kinder geborgen sind
Hilde Umdasch Haus Amstetten, Kinderhospiz, HONORARPFLICHTIG
Das pflegerische und pädagogisches Konzept wird ständig an die individuellen Bedürfnisse der jungen Bewohner angepasst und umgesetzt. "Wir wollen ständige Förderung bieten", erklärt die Leiterin. Einige Kinder besuchen etwa am Vormittag in Amstetten das Zentrum für Inklusiv- und Sonderpädagogik. Am Nachmittag gibt es im Hilde Umdasch Haus Physio-, Ergo- oder Musiktherapie sowie ein soziales Programm. Ein möglichst normaler Alltag geprägt durch die EDEN-Alternative bestimmen die Qualität des Hauses und das Wohlfühlen der Kinder. Zur Mittags-und Abendmahlzeit treffen sich alle kleinen Bewohner im Speiseraum – auch jene, die mit Sonden ernährt werden oder im Krankenbett liegen müssen, sind dabei.

Menschliche Nähe ist wesentlicher Faktor

Wo schwerkranke Kinder geborgen sind
.
Dazu kommt die menschliche Nähe, die das interdisziplinäre Betreuerteam vermittelt. "Ihnen Nähe, Zuwendung und Lebensqualität zu geben, ist ein essenzielles Ziel." Dies empfanden auch die Eltern von Marcel, 3, so. Vor einigen Monaten verbrachte der Bub eine Woche zur Entlastungspflege im Hilde Umdasch Haus. Diese ist eine wesentliche Säule des Angebots. "Die Eltern sollen temporär entlastet werden, damit sie für die Pflege zu Hause wieder Kräfte sammeln können", erklärt Veronika Karner. Ebenso gibt es für Eltern zwei Wohneinheiten, als Unterbringung vor Ort. Die Eltern können so ein Wochenende oder ganz für ihr Kind im Hilde Umdasch Haus da sein.

Fünf Mal, zwischen neun und 24 Uhr, erhält Marcel seine Spezialnahrung. Dazu kommen vier Mal zu bestimmten Uhrzeiten mehrere Medikamente über eine Sonde. Seinen Eltern ging es nicht nur darum, dass Marcel medizinisch gut versorgt ist, sondern um die menschliche Qualität. Daher hatten sie lange überlegt, ihren Sohn außer Haus betreuen zu lassen, wenn auch für kurze Zeit. "Uns wurde schon öfter angeboten, Marcel auch mal für eine Woche ins Krankenhaus zu geben. Aber das stand für uns niemals zur Debatte."

Positive Atmosphäre

Doch die Atmosphäre im Hilde Umdasch Haus überzeugte sie. "Man geht mit den Kindern ganz anders um als in Spitälern – sehr heimisch. Es wird sehr auf die Bedürfnisse der Kinder und die Wünsche der Eltern eingegangen. Das ist heute in den meisten Einrichtungen nicht möglich." Für das Paar waren es "die kleinen Dinge, die dieses Haus so besonders wirken lassen." Jeder auf die jeweiligen Bedürfnisse abgestimmte Wohnraum ist liebevoll dekoriert. Durch große Fenster sind alle mit dem großen Garten im Inneren der Anlage verbunden.

Die kurze Auszeit war für die Familie trotz der Trennung ein Gewinn. "Es war nicht nur eine sehr wichtige Erholung für uns als Eltern. Auch Marcel konnte in dieser Woche eigene Erfahrungen machen. Wir hatten den Eindruck, dass er sehr glücklich war. Wir spürten, er konnte hier so sein, wie er ist."

Die Einrichtung

Das Haus bietet Platz für zehn Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit einer lebensverkürzenden Diagnose, bei denen hochkomplexer Pflegebedarf gegeben ist. Die Errichtung wurde von der Amstettner Unternehmerin Hilde Umdasch übernommen. Ein 23-köpfiges, interdisziplinäres Team der Malteser Kinderhilfe betreibt es. Der laufende Betrieb wird durch Land NÖ, Beiträge der Eltern und Spenden finanziert.

Punsch- und Kekserl-Aktion

Am 25. 11. (14–18 Uhr, Stefan-Fadinger-Str. 34, 3300 Amstetten, NÖ) lädt das Team zu Punsch und verkauft kreative Weihnachtskekse, die in acht Amstettner Schulen gebacken wurden.

Kommentare