Herzinfarkt: Erfolg mit neuer Therapie
Revolutionär." Die MedUni Wien selbst verwendet dieses Wort für eine mögliche neue Therapie gegen Herzinfarkt: Die Infusion einer Proteinlösung (ein Mix verschiedener Eiweiße) durch den Haus- oder Notarzt - noch vor dem Transport ins Krankenhaus - könnte in Zukunft zum größten Teil verhindern, dass es in der Akutphase nach dem Infarkt zum Untergang von Herzmuskelzellen kommt. In Experimenten mit Ratten und Schweinen war diese Therapie bereits erfolgreich. Studien am Menschen sind geplant und müssen die Tierexperimente noch bestätigen, betont Thoraxchirurg Assoc.-Prof. (associate professor) Univ.-Doz. Hendrik Jan Ankersmit. Er leitet das Christian-Doppler-Labor für Diagnose und Regeneration von Herz- und Thoraxerkrankungen an der MedUni Wien.
Dieses Proteingemisch kann relativ einfach hergestellt werden: In jedem Milliliter Blut befindet sich eine Million weißer Blutkörperchen. Mit Gammastrahlen werden sie in den Selbstmord (Apoptose) getrieben. In dieser Phase sondern sie aber noch verschiedene Proteine ab. "Diese trennen wir von den Zellen und produzieren ein Pulver daraus", sagt Ankersmit.
40 Minuten nach einem akuten Infarkt (Verschluss eines Herzkranzgefäßes) wurde den Schweinen das Mittel intravenös als Infusion verabreicht. Nach weiteren 50 Minuten wurde die verschlossene Arterie mit einem Katheter eröffnet - in diesem Zeitraum sollte auch beim Menschen diese derzeit beste Herzinfarkttherapie stattfinden. Fazit: "Bei den Schweinen, die diese neue Therapie erhielten, starben weniger Herzmuskelzellen ab und es bildete sich weniger Narbengewebe." Das sei ein beachtliches Ergebnis, betont Ankersmit: "Denn derzeit entwickeln auch bei rechtzeitiger Öffnung eines verschlossenen Gefäßes in einem Herzkatheter-Labor rund 30 Prozent der Patienten eine Narbe", betont Ankersmit.
Schutzschicht
Die Eiweiße lösen die Bildung einer Art Schutzschicht um die Herzmuskelzelle aus, die sie resistent gegen die Folge des Infarkts - die Sauerstoffarmut hinter dem verschlossenen Arterienstück - macht.
Der Proteinmix kann auch von nicht verwandten Spendern gewonnen werden - der Aufwand ist mit dem bei einer herkömmlichen Blutspende vergleichbar. Im Gegensatz etwa zu Stammzellen kommt es bei Proteinkonzentraten von nicht verwandten Spendern zu keiner oder nur einer geringen Abwehrreaktion des menschlichen Immunsystems. "Der Notarzt kann das industriell auf Vorrat produzierte Pulver immer bei sich haben, am Einsatzort auflösen und über einen Venenkatheter verabreichen."
Ankersmit betont, dass es sich um eine zusätzliche Therapie zu den bisherigen handelt: "Am derzeitigen Behandlungschema würde sich nichts ändern." Das Proteingemisch mit dem Namen APOSEC ist eine patentierte österreichische Erfindung. Ankersmit und sein Team suchen jetzt Investoren, um eine erste Studie zur Verträglichkeit der neuen Therapie am Menschen finanzieren zu können: "Wir sind sehr zuversichtlich."
Info: 16.000 Patienten jährlich
Statistik 2009 gab es in Österreich 16.000 stationäre Aufnahmen mit der Diagnose "akuter Herzinfarkt", davon endeten 300 Fälle tödlich. EU-weit sind es jährlich 2,2 Millionen Todesfälle. Nach der meist kritischen erste Phase eines Herzinfarkts erfolgt eine intensive Rehabilitation. Damit soll das Risiko eines weiteren Infarkts - bzw. einer späteren chronischen Herzschwäche (Herzinsuffizienz) - verringert werden.
Warnsignale Bei Männern ein brennender, stechender, ziehender Brustschmerz, der häufig in den linken Arm, seltener in den rechten, ausstrahlt. Weiters Schmerzen im Rücken, Kiefer, Oberbauch, schwere Atemnot, Schwindel, Übelkeit, Enge und Angstgefühle. Bei Frauen sind die Symptome oft eher unspezifisch, häufig sind ein Druckgefühl im Oberbauch, Übelkeit, Erbrechen und das Gefühl, nicht durchatmen zu können.
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