Drohungen im Netz ignorieren - und anzeigen

Hass, Gewalt und Aggression sind zum großen Problem in sozialen Medien geworden.
Experten erklären, wie sie mit Drohen in sozialen Medien umgehen.

"Barbara, lösch dich! Lauf schnell in deinen Safespace und knuddel ein paar Teddys!" Diese Nachricht erreichte mich als KURIER-Redakteurin auf Twitter, als ich von der Bundesrats-Enquete zum Thema "Digitale Courage" berichtet hatte. Im Zuge der Enquete wurden Strategien diskutiert, wie man mit negativen Kommentaren und Hasspostings im Netz umgehen kann. Denn neben falschen Nachrichten ist auch die Verbreitung von Negativität, Gewalt und Aggression, oft auch im strafrechtlich relevanten Bereich, ein großes Problem in sozialen Medien wie Facebook und Twitter.

Nutzer ignorieren

Zuerst gab ich dem gehässigen Kommentar dieser Person, die nur 14 Fans auf Twitter hatte, eine noch größere Bühne, indem ich die Nachricht mit meinen fast 4000 Fans teilte. Ich bin auf einen uralten Trick hereingefallen: "Nullen provozieren Accounts, die gut vernetzt sind und vertausendfachen dadurch sofort ihre Reichweite", schrieb mir ein Besucher der Enquete und gab mir einen guten Tipp: "Lass ihn doch mit seinen 14 Fans allein." Damit habe ich eine gute Strategie gelernt: Statt derartigen Kommentatoren die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie mit persönlichen Angriffen erreichen wollen, sollte man sie besser ignorieren. Zusätzlich zur Nicht-Beachtung sollte man derartige Accounts außerdem bei den jeweiligen Plattformen melden. Das führt jedoch nicht immer zum Erfolg. Laut Statistiken aus Deutschland werden bei Twitter nur rund ein Prozent der gemeldeten Postings gelöscht, bei Facebook sind es immerhin rund 45 Prozent.

Account melden

Der Account der besagten Person ist, obwohl von mehreren Teilnehmern bei Twitter gemeldet, auch Tage später noch online und verbreitet weiterhin Hassbotschaften. Eine ähnliche Erfahrung musste der Ex-Politiker Marco Schreuder machen. Schreuder, der die Enquete zum Thema Digitale Courage mitorganisiert hatte, war auf Facebook mit einem Aufruf zur Erschießung konfrontiert. Das entsprechende Posting ist 240 Tage nach seinem Erscheinungstermin noch immer online zu finden.

Doch auch der Ex-Politiker hat bei der Enquete etwas gelernt: "Wenn wieder einer mit Morddrohungen kommt, dann zeige ich ihn an. Auch Anzeigen statt Schweigen ist digitale Courage", sagte Schreuder dem KURIER. Das Posting will er jetzt medien- und strafrechtlich prüfen lassen. Diesen Tipp gab Maria Windhager, Rechtsanwältin für Medien- und Persönlichkeitsschutzrecht.

Beweise sichern

"Am besten, man sichert das Posting sofort mit einem Screenshot, so dass man im Streitfall einen Beleg für das Gericht hat", sagte Windhager. Manchmal führe es außerdem zu Erfolg, die Person zur Löschung aufzufordern. Der Journalistin Barbara Kaufmann gelang es im Dialog mit einem Angreifer etwa, dass dieser seine Beschimpfung als "hinterfotziger Schmierfink" wieder löschte. Oft sind sich die Wütenden gar nicht bewusst, dass sie im Netz in einem öffentlichen Raum agieren und nicht am Stammtisch. "Das Pöbeln, das Wüten und das Toben ist salonfähig geworden. Wir müssen gegen den Hass eine Gegenkultur aufbauen", sagt Kaufmann.

Laut der Social-Media-Beraterin Judith Denkmayr liegt das Problem großteils darin, dass es keine Diskussionskultur mehr gebe. "Wir sind als Gesellschaft sehr meinungsstark, aber sehr diskussionsschwach geworden", erklärt die Expertin.

Während Politiker in diesem Kontext gerne fordern, dass die Internet-Plattformen von selbst aktiv werden sollten, sehen dies die meisten Experten eher differenzierter. Strafrechtsexpertin Karin Bruckmüller von der JKU Linz riet etwa stattdessen, dass die Portale landesspezifische Informationen bereitstellen sollten, wo man problematische Kommentare melden könne. "Facebook sollte seine Nutzer aktiv darauf hinweisen, dass Gewaltaufrufe und Verhetzung behördlich belangt werden können", sagt Bruckmüller.

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