"Gewitter-Asthma": Sechs Tote durch Pollensturm

Ein schweres Gewitter sorgte in Melbourne für eine Pollenexplosion.
Das seltene "thunderstorm asthma" hat in Melbourne bei Tausenden Menschen gesundheitliche Beschwerden ausgelöst, für bisher sechs Personen waren sie tödlich. Was man über das Phänomen weiß.

Von einem Sturm aufgewirbelte Pollen haben bei mindestens sechs Menschen in Australiens zweitgrößter Stadt Melbourne tödliche Atemwegsprobleme ausgelöst. Das Unwetter war bereits vor einigen Tagen über die Metropole an der Südküste des Kontinents hinweggezogen und hatte bei Hunderten Menschen gravierende gesundheitliche Probleme - besonders Atemnot - ausgelöst.

Fünf Patienten starben im Laufe der vergangenen Woche, ein sechstes Opfer erlag am Samstagabend den Folgen der Atemwegserkrankung, wie die Gesundheitsbehörde des australischen Bundesstaates Victoria am Sonntag mitteilte.

Fünf weitere Menschen sind noch auf Intensivstationen, drei davon sind immer noch in akuter Lebensgefahr.

Das Gewitter hatte den bisherigen Erkenntnissen zufolge Weidelgraspollen zum Platzen gebracht und über der gesamte Stadt verteilt. Nach der gängigsten Theorie absorbieren die Pollenkörner so viel Wasser, bis sie platzen. Die daraufhin entstehenden kleinsten Blütenstaubteilchen konnten so tief in die Lungen der Betroffenen dringen.

Ein Mann aus Melbourne sagte dem australischen TV-Sender ABC, das "thunderstorm asthma" fühle sich an, also ob ein Elefant einen Fuß auf seine Brust gestellt hätte.

"Gewitter-Asthma": Sechs Tote durch Pollensturm
A sign for a Heathscope hospital is seen in central Melbourne in this July 16, 2010 file photo. REUTERS/Mick Tsikas/Files
Insgesamt sind seit Beginn des Unwetters mehr als 8500 Menschen wegen Atemproblemen in australischen Spitälern behandelt worden.

"Einige Todesfälle gehen offenbar direkt auf das Gewitter-Asthma zurück, einige möglicherweise auf andere, bereits bestehende Erkrankungen, die durch das Gewitter-Asthma verschlimmert wurden", sagte der Gesundheitsminister des Bundesstaates Victoria, Jill Hennessy.

Viele Asthmatiker

In Australien ist der Anteil der Asthmatiker an der Gesamtbevölkerung relativ hoch: Einer von zehn Menschen leidet unter dieser Erkrankung. In Österreich haben rund sechs Prozent der Erwachsenen Asthma, bei den Kindern sind es sieben bis zehn Prozent. Rund 40 Prozent der Allergiker müssen damit rechnen, irgendwann im Laufe ihres Lebens Asthma zu entwickeln.

Was man über "thunderstorm asthma" weiß

Voraussetzung für ein derartiges Phänomen sind zunächst hohe Pollenkonzentrationen in der Luft, wie das derzeit zum Frühlingsende in Australien der Fall ist. Ein starkes Gewitter mit heftigem Sturm wirbelt dann alle auch bereits am Boden abgelagerten Pollenkörner auf.

Die Pollenkörner werden naß und platzen, wodurch ganz kleine Blütenstaubteilchen freigesetzt werden. Diese Minipartikel können nicht durch die Nasenhärchen und die Schleimhautbarriere zurückgehalten werden und dringen ungehindert in das Bronchialsystem und die Lunge vor. Dort können sie - auch aufgrund ihrer, nach einem solchen Gewittersturm sehr großen Zahl - heftige Asthmaattacken mit schwerer Atemnot auslösen.

Viele hatte noch nie Asthma

Wie die australischen Gesundheitsbehörden berichten, haben viele der jetzt Betroffenen zuvor nie an Asthma gelitten.

Das erste derartige Ereignis wurde 1980 aus Birmingham (England) berichtet, danach 1987 und 1989 aus Melbourne. Weitere Berichte gibt es aus London (1994) und 2004 aus Neapel (Italien).

Kommentare