Gesundheitspersonal: Bioethikkommission empfiehlt Impfpflicht
Krankenschwestern, Rettungsfahrer und sogar Ärzte waren bei einem Masernausbruch in Niederösterreich im Jahr 2013 unter den Infizierten – weil sie nicht geimpft waren. Wer jedoch in medizinischen Einrichtungen arbeitet, hat durch diese Arbeit nicht nur ein höheres Risiko für Infektionen – sondern auch eine ethische Verantwortung.
„Es geht um die Rechte der Patienten. Dazu gehört, dass sie in Gesundheitseinrichtungen nicht mit einer potenziell tödlichen Krankheit angesteckt werden“, sagt Christiane Druml, Vorsitzende er Bioethikkommission. Daher empfehlen die Experten für diese Berufsgruppen die Einführung einer Impfpflicht. Ebenso sollten die Schulimpfprogramme auch auf Kindergärten ausgeweitet werden. Dies präsentierte das Gremium am Montag. Damit soll in Österreich eine „längst überfällige Debatte über die Ethik des Impfens“ angestoßen werden.
Interessenskonflikt
Die Bioethikkommission ortet einen Interessenskonflikt zwischen der gesellschaftspolitischen Verantwortung und dem „Recht von Eltern, ihre Kinder nach ihren Vorstellungen zu erziehen“. Dazu komme die „paradoxe Situation“, dass Angst vor Nebenwirkungen einer Impfung oft größer als die Angst vor der spezifischen Erkrankung sei. Univ.-Prof. Arnold Pollak, früherer Leiter der Wiener Uni-Klinik für Kinderheilkunde und Mitglied der Bioethikkommission, betont zudem: „Nebenwirkungen werden oft mit Impfschäden verwechselt.“
Seit einigen Jahren nimmt die Impfskepsis in der Bevölkerung zu. Mit der Folge, dass die Durchimpfungsraten auch in Österreich sinken – und damit die sogenannte Herdenimmunität. Sie sei sogar als „öffentliches Gut“ zu verstehen, betont Druml. Mit einer Schutzimpfung vor von Mensch zu Mensch übertragenden Viruserkrankungen wie Masern, Diphtherie, Polio (Kinderlähmung) oder Keuchhusten schützt man nicht nur sich selbst. Auch Kranke mit anfälligem Immunsystem oder Säuglinge, die noch nicht geimpft sind, sind durch hohe Durchimpfungsraten geschützt. Druml: „Die Herdenimmunität ist wie das Musketier-Motto: Einer für alle, alle für einen.“
Die Bioethikkommission ortet aber viele Defizite und fordert mehr und effizientere Informationen für die Bevölkerung. Vielfach seien Schäden der Erkrankungen gar nicht mehr sichtbar, sagt Prim. Ursula Koller vom Spital Hietzing. Etwa Folgen von Polio oder Masern seien durch langjährige Impfprogramme drastisch gesunken.
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