Als eine der ersten Spitalspatientinnen kennt sie Covid von allen Seiten. Kurz vor dem ersten Lockdown gab es in ihrem Krankenhaus die erste Anweisung, ab dem nächsten Tag Masken zu tragen. „Da hatte ich schon Husten, hab mir als Raucherin aber nicht viel dabei gedacht.“ Als es schlimmer wurde, durfte man mit Symptomen nicht zum Hausarzt. „Mir ist mitten im Satz die Luft ausgegangen, aber ich dachte noch immer, es ist eine Bronchitis.“
"Niemand wusste, was er machen soll"
Irgendwann kollabierte sie, wurde mit der Rettung ins Spital und direkt auf die Isolierstation gebracht. „Ich hatte noch nie eine komplett abgesperrte Station erlebt. Niemand wusste, was er machen soll, Patienten hingen mit Sauerstoffflaschen im Rollstuhl. Damals wurde Desinfektionsmittel geklaut und es gab kaum FFP2-Masken“, erzählt sie noch immer erschüttert. „Mir wurde die Sauerstoffflasche mit der Inhaliermaske mit dem Hinweis zugeworfen, dass ich das als Krankenschwester eh selbst bedienen kann.“
Da am Anfang der Pandemie noch Wangenabstriche gemacht wurden, war der PCR-Test negativ und Lisa wurde drei Tage später wieder nach Hause geschickt. Es dauerte fast zwei Monate, bis sie wieder arbeiten gehen konnte und selbst da "merkte ich auf dem Weg, dass ich meine Radstrecke nicht mehr schaffe". Das Thema Long Covid kam aber erst Monate später im Sommer auf – und ein Lungenbild sowie ein neu aufgetretener Herzklappenfehler bestätigten, dass Lisa Long Covid hatte.
"Sie wollen schreien und können nicht"
„In der zweiten Welle habe ich dann die Kollegen in der Intensivstation unterstützt, so gut ich konnte. Nachdem ich gesehen habe, was da los ist, musste ich einfach helfen.“ Die Bilder verfolgen Lisa bis heute: „Ich habe schon oft Patienten gesehen, die keine Luft bekommen, aber das ist anders. Die haben Todesangst. Sie wollen schreien und können nicht. Gestandene Männer rufen nach ihrer Mutter.“
Bei der dritten Welle war der Personalmangel so dramatisch, dass K1-Kollegen zum Dienst gebeten wurden und mit negativem Antigen-Test arbeiten durften, erzählt sie. Ziemlich genau ein Jahr nach ihrer ersten Infektion war Lisa zwar geimpft, aber spürte plötzlich wieder diese erdrückende Müdigkeit. Mitten in der Arbeit knickten ihr die Beine weg – Verdacht Bandscheibenvorfall. Bevor sie auf der Orthopädie aufgenommen werden konnte, musste sie getestet werden: positiv. Bei Untersuchungen stellte sich heraus, dass das Virus jetzt ihr Rückenmark angegriffen hat, sie hatte Lähmungserscheinungen auf ihrer linken Seite. Eine Not-OP musste verschoben werden – weil es wegen der Covid-Patienten keine freien Intensiv-Betten gab.
Erklärung für die zweite Infektion
Als sie endlich wieder auf dem Weg der Besserung war, stellte sich im Rahmen der Long Covid Beratung heraus, dass Lisa schon lange an einer Autoimmunerkrankung litt. „Dadurch hatte das Virus wahrscheinlich auch die Chance, mich zwei Mal so schwer zu treffen.“
Im Sommer flatterte dann per Post die Kündigung ins Haus. „Meine Stationsleitung wusste gar nichts davon und war entsetzt. Im Gespräch haben wir uns dann auf eine einvernehmliche Lösung geeinigt.“ Demnächst tritt Lisa eine neue Stelle an – nicht in einem Krankenhaus, sondern für eine Agentur, die Pflegekräfte an Spitäler vermittelt, wenn es dort zu viele Ausfälle gibt.
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