Comirnaty, Vaxzevria: Wie Impfstoffe zu ihren Namen kommen
Comirnaty und Vaxzevria statt Biontech/Pfizer oder Astra Zeneca: Was im Impfpass vermerkt wird, sorgt mitunter für Verwirrung bei den Immunisierten. Denn den meisten sind die Impfstoffe vor allem unter dem Namen ihrer Hersteller bekannt, nicht aber unter dem Handelsnamen.
Astra Zeneca verkündete den Namen für sein bis dahin als „Covid-19 Vaccine Astra Zeneca“ bekanntes Vakzin erst Ende März. Ein lange geplanter Schritt, versicherte das Unternehmen. Trotzdem hielten sich Theorien, der Konzern wolle seinen Impfstoff damit aus den Negativ-Schlagzeilen bringen.
Streng reguliert
Darüber muss Helga Tieben, Fachexpertin für Medikamentenzulassungen beim Verband der pharmazeutischen Industrie (Pharmig), schmunzeln. Sie verweist auf die komplexen Vorgänge, die neuen Medikamenten vorausgehen. „Die Namensfindung ist streng reguliert. Es ist kein freier Auswahlprozess, sondern ein Teil des Zulassungsverfahrens. Daher wird bereits sehr früh mit der Namensfindung begonnen.“ Dass die Handelsnamen der Covid-Impfstoffe erst festgelegt wurden, als die Impfstoffe bereits am Markt waren, liegt laut Tieben am beschleunigten Zulassungsprozess. „Bei laufender Begutachtung mussten bereits Impfstoffe produziert werden. Daher hatten die ersten verfügbaren Chargen noch keinen Namen.“
Comirnaty
Der mRNA-Impfstoff von Biontech/Pfizer hieß vor der Zulassung BNT162b2. Seither wird der eigens kreierte Handelsname „Comirnaty“ benutzt.
Vaxzevria
Der Vektorimpfstoff des britisch-schwedischen Konzerns Astra Zeneca hieß offiziell ChAdOx1. CHAd steht für das Schimpansen-Adenovirus, das als Vektor dient; Ox für die Universität Oxford, die den Impfstoff entwickelte. Astra Zeneca verwendete die Bezeichnung AZD122. Was der Ende März 2021 eingeführte Markennamen „Vaxzevria“ bedeutet, ist nicht bekannt.
Moderna
Der mRNA-Impfstoff des US-Unternehmens Moderna wurde mRNA-1273 bezeichnet. Im Rahmen der Zulassung hat das Vakzin durch den Hersteller den Namen „Covid-19 Vaccine Moderna“ erhalten – kurz „Moderna“.
Johnson & Johnson
Während der Zulassung hieß der Vektor-Impfstoff des US-Konzerns Ad26.COV2-S. Ad weist wieder auf ein Adenovirus als Träger hin. Offiziell heißt er „Covid-19 Vaccine Janssen“. Janssen ist eine Tochterfirma von Johnson & Johnson.
Ziffern und Buchstaben
Am Beginn einer Impfstoff- oder Medikamentenentwicklung steht immer eine Ziffern-Kombination, die auch im Zulassungsverfahren genannt wird – etwa BNT162b2 bei Biontech/Pfizer. Doch diese Bezeichnungen sind „in der Regel lang und kompliziert – also unpraktikabel“. Daher können die Hersteller bei der WHO (zuständig für Wirkstoffnamen) und den jeweiligen Zulassungsbehörden (zuständig für Handelsnamen eines Medikaments) Vorschläge einreichen.
Festgelegt wird er dann endgültig mit der Zulassung. „Es gibt es eine Reihe von Namensregeln, die dabei zu beachten sind, etwa die Endung“, erklärt Tieben. Der Wirkstoff des Biontech/Pfizer-Impfstoffs heißt übrigens „Tozinameran“. Die Endung -meran weise auf einen mRNA-Impfstoff hin.
Handelsnamen
Im Gegensatz dazu kann der Handelsname eines Medikaments ein (markengeschützter) Fantasiename (z. B. Aspirin) oder der Wirkstoffname plus die Bezeichnung des Zulassungsinhabers (z. B. Acetylsalicysäure Bayer) sein. „Es kommt darauf an, dass keine Verwechslungsgefahr mit bereits vorhandenen Arzneimitteln besteht.“ Auch Werbebotschaften im Namen sind nicht zulässig. „Superaspirin“ wird man also nirgends auf der Welt als Bezeichnung eines Medikaments finden. Ebenso sollte der Name auch gut ausgesprochen werden können und einprägsam sein. Die Behörden sind durchaus wählerisch: „Laut unseren Informationen aus der Industrie werden rund 50 Prozent der beantragten Namen abgelehnt“, sagt Tieben.
Im Fall von Comirnaty veröffentlichte Biontech, wie sich der Name zusammensetzt. Er vereine die Wörter Covid-19, mRNA Community (engl. Gemeinschaft) und Immunity (engl. Immunität). Die Bezeichnung soll ein Hinweis auf die erste Zulassung eines Impfstoffs auf Basis von Messenger-RNA sein. Aber auch die „gemeinschaftlichen Bemühungen“ für die Zulassung habe man würdigen wollen.
Agenturen eingebunden
Der Name wurde vom „Brand Institute“ geschaffen, einer international tätigen Agentur für pharmazeutische Namensentwicklungen. „Aufgrund der komplexen Kriterien und Regeln lagern viele Pharmaunternehmen diesen Bereich aus. Sie hätten die Kapazität und das Know-how dafür nicht“, erklärt Tieben.
Astra Zeneca veröffentlichte bisher die Entstehungsgeschichte seines Vakzins Vaxzevria nicht. Und die beiden weiteren bisher zugelassenen Impfstoffe firmieren noch als „Covid-19 vaccine Moderna“ und „Covid-19 vaccine Janssen“.
Im Impfpass müssen übrigens immer der zum Impfzeitpunkt offizielle Handelsname sowie die Chargennummer vermerkt werden. Die allerersten, noch im Dezember 2020 geimpften Österreicher, haben also noch nicht Comirnaty vermerkt, später Geimpfte schon. Da allerdings jeder der zugelassenen Impfstoffe vor schweren Covid-19-Verläufen schützt, könnte man es auch so sehen wie ein Wiener Impfarzt.
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