Chronische Verstopfung? Diese Lebensmittel empfehlen Experten jetzt

Konkrete Zahlen dazu, wie häufig eine chronische Verstopfung ist, gibt es nicht. Geschätzt wird, dass in Europa rund 15 Prozent der Allgemeinbevölkerung betroffen sind.
Eine Kiwi pro Tag bringt den Darm in Fahrt. So, oder so ähnlich, könnte man Auszüge aus den neuen Ernährungsempfehlungen eines britischen Forschungsteams zusammenfassen.
Zur Linderung von Verstopfungsbeschwerden wird Betroffenen häufig pauschal zu einer ballaststoffreicheren Ernährung geraten. Expertinnen und Experten des renommierten King's College London sprechen sich in einer neuen Untersuchung für nuanciertere, konkretere Ratschläge aus.
Vorschneller Griff zu Ergänzungsprodukten und Abführmitteln
Für die Leitlinien wertete die Gruppe insgesamt 75 klinischen Studien zur Thematik aus. Ihr Schluss: Oft wird vorschnell zu Ergänzungsprodukten, Abführmitteln und Probiotika gegriffen, anstatt die Verdauung über die Ernährung selbst zu regulieren.
Konkret könnten bis zu drei Kiwis täglich Abhilfe bei chronischer Verstopfung schaffen. Die Ballaststoffe der Frucht erhöhen das Stuhlvolumen, was den Darm in Bewegung bringt. "Kiwis erhöhen auch den Wassergehalt im Darm, was den Stuhl weicher machen kann", erklärt Eirini Dimidi, Studienhauptautorin und Ernährungswissenschafterin am King's College London, gegenüber der BBC. "Die Kiwi ist sicherlich eine spannende Alternative zu den bekannten Dörrzwetschgen zur Verdauungsanregung – die britischen Experten empfehlen sogar, sie mit der Schale zu essen", sagt Ernährungsexpertin Katharina Bruner im KURIER-Gespräch. In kleineren Studien habe sich gezeigt, dass Kiwis ein Enzym enthalten, welches sich positiv auf die Magen-Darm-Entleerung auswirkt.
Ähnliche Effekte habe der Konsum von bis zu zehn Zwetschken pro Tag, ebenso wie das Trinken von Mineralwasser. "Mineralwasser kann definitiv hilfreich sein bei Verstopfung", bestätigt Bruner. "Vor allem Produkte mit einem hohen Anteil an Mineralien, insbesondere Magnesium, sind förderlich für die Verdauung", führt Bruner aus. Sie empfiehlt: "Am besten ein Glas morgens vor dem Frühstück und eines vor dem Abendessen trinken."
Magnesium wirke allgemein abführend. "Ausreichend Wasser zu trinken, auch Leitungswasser, ist generell gut für den Darm – viele Menschen trinken leider zu wenig, also unter 1,5 Liter pro Tag."
- Die Verdauung ist ein komplexer Vorgang. Das Nervensystem steuert das Zusammenspiel von vielen Faktoren im Darm, etwa Muskeltätigkeit, Durchblutung und Darmflora. Störungen bei der Verdauung können deswegen viele Ursachen haben. Oft spielt die Ernährung eine Rolle.
- Von einer Verstopfung spricht man, wenn der Stuhlgang seltener als gewohnt ist bzw. mit Schwierigkeiten verbunden ist. Viele Menschen leiden ab und zu an Verstopfung. Wenn diese Beschwerden aber länger als drei Monate andauern oder immer wiederkehren, spricht man von einer chronischen Verstopfung.
- Insbesondere eine chronische Verstopfung kann die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigen. Konkrete Zahlen dazu, wie häufig eine chronische Verstopfung ist, gibt es nicht. Geschätzt wird, dass in Europa rund 15 Prozent der Allgemeinbevölkerung betroffen sind.
Schrittweise mehr Ballaststoffe zuführen
Die britischen Experten raten auch zum Verzehr von Roggenbrot. "Roggenbrot ist meist Sauerteigbrot, das Laktobazillen enthält, die auch im Darm leben und für eine gesunde Darmflora wichtig sind", erklärt Bruner. Auch der höhere Vollkorngehalt fördere die Verdauung, da die enthaltenen Ballaststoffe im Darm Wasser binden und aufquellen. Der Stuhl wird weicher und voluminöser. Bruner ermuntert dazu, Weißbrot im Alltag schrittweise zuerst durch Roggenmischbrot und zu einem späteren Zeitpunkt durch reines Vollkornbrot zu ersetzen.
Generell sollten Ernährungsumstellungen bei Darmproblemen mit Bedacht erfolgen. "Ballaststoffreiche Kost ist grundsätzlich etwas Erstrebenswertes", sagt Bruner. "Allerdings ist es individuell verschieden, wie viel man verträgt." Empfohlen wird, täglich 30 bis 40 Gramm Ballaststoffe zu sich zu nehmen. "Wenn jemand zu mir in die Beratung kommt, der ausschließlich Speisen der österreichischen Küche isst, wird ein rasches Hinaufschrauben der Ballaststoffzufuhr aber das Wohlbefinden belasten und mit relativ unangenehmen Nebenwirkungen im Darm einhergehen, also erst recht Blähungen, Bauchschmerzen, Völlegefühl, Verstopfung oder Durchfall auslösen", schildert Bruner.
Eine Erhöhung der Ballaststoffe müsse kleinschrittig erfolgen: "Auch wenn man Ballaststoffpulver aus der Drogerie oder Apotheke kauft, fängt man am besten mit einem Teelöffel täglich an und steigert sich langsam."
Flohsamenschalen am besten morgens
Den britischen Empfehlungen zufolge kann auch die Einnahme von Flohsamenschalen zur Linderung von Verstopfung beitragen. Bruner: "Auch hier gilt, dass man mit kleinen Dosen beginnen sollte, um Nebenwirkungen zu vermeiden." Auch der Zeitpunkt sei entscheidend: "Idealerweise erfolgt die Einnahme in der Früh und nicht abends vor dem Schlafengehen, weil die Verdauung am Tag intensiver arbeitet."
Die neuen Leitlinien seien jedenfalls "ein vielversprechender Schritt, um Gesundheitsfachkräften und ihren Patienten die Möglichkeit zu geben, Verstopfung durch Ernährung zu behandeln", ist Studienleiter Kevin Whelan überzeugt. Der britische Diätologen-Verband, der das Projekt finanziert hat, spricht sich ebenfalls für "einen stärker auf die Ernährung ausgerichteten und evidenzbasierten Ansatz zur Therapie chronischer Verstopfung" aus.
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