VKI-Test: Ein Drittel der Medikamente wirkt nicht wie versprochen

VKI-Test: Ein Drittel der Medikamente wirkt nicht wie versprochen
Rezeptfreie Medikamente: Der VKI testete 100 gängige Präparate aus der Apotheke: Jedes Dritte schnitt schlecht ab.

Vitamin C in gängigen Erkältungsmitteln – Sie denken, derartige Präparate wirken naturgemäß besser? Nein, betonen die Experten des Verein für Konsumenteninformation (VKI). Vitamin C habe keinen therapeutischen Effekt und verkürze den Verlauf des grippalen Infekts nicht. Bisher gebe es keine kontrollierten Studien, die diesen Mythos ausreichend belegen.

Dennoch sind Präparate wie etwa Grippostad C Kapseln oder Ascorbisal äußerst beliebt zur Selbstmedikation. Offiziell heißen die rezeptfreien Medikamente OTC-Präparate (over the counter; engl. für „über den Ladentisch“, Anm.). Vor allem Erkältungs- und Schmerzmittel führen die Beliebtheitsliste bei den Patienten an, und manche gehen jährlich millionenfach über die Ladentische der Apotheken.

„Wenig geeignet“

Gemeinsam mit dem Arzt und Public Health-Experten Franz Piribauer und Experten der deutschen Stiftung Warentest hatBernhard Matuschek vom VKI 100 dieser gängigen, rezeptfreien Medikamente auf ihre Eignung hin überprüft und eingestuft. Mit einem überraschenden Ergebnis: Mit 29 Produkten wurde fast ein Drittel als „wenig geeignet“ beurteilt, weitere 24 Produkte sind „mit Einschränkungen geeignet“.

Nicht wirkungslos...

Sind diese Präparate nun wirkungslose Placebos? Oder womöglich gar gefährlich? „Für alle von uns bewerteten Präparate ist eine großteils sehr gute Wirkung belegt“, betont Piribauer. Von der Pharmig, der Interessensvertretung der österreichischen pharmazeutischen Industrie, heißt es dazu: „Man kann von hoher Sicherheit ausgehen – auch rezeptfreie Arzneien müssen einen genauen Zulassungsprozess durchlaufen.“

... aber nicht effektiv

Das heißt aber nicht, dass sie zur Behandlung bestimmter Beschwerden tatsächlich geeignet sein müssen“, kontert Piribauer. Ein Beispiel dafür seien etwa Schmerzmittel, bei denen verschiedene Wirkstoffe kombiniert werden. „Jeder für sich wirkt bereits gut, es macht aber keinen Sinn, sie zu kombinieren. Dadurch wird das Medikament nicht wirksamer.“ Es bestehe sogar die Gefahr von Nebenwirkungen. Dies erkläre zum Teil, warum Präparate mit nur einem Wirkstoff in der Regel besser abschneiden, als Kombi-Mittel.

In diese Kategorie fällt in der VKI-Bewertung etwa Aspirin Complex. Gegen Erkältungen sei es aufgrund seiner Zusammensetzung – das Schmerzmittel ASS mit dem schleimhautabschwellenden Pseudoephedrin – wenig geeignet. Mit schleimhautabschwellenden Nasentropfen werde erreiche man gezielter eine Abschwellung.

Studienlage

Für ihre Bewertung haben die Experten große klinische Studien herangezogen, die in anerkannten wissenschaftlichen Publikationen veröffentlicht wurden. „Für eine realistische Einschätzung müssen wir uns auf die Studienlage berufen“, sagt Piribauer. „In vielen Fällen gibt es keine valide Wirkung – auch wenn subjektiv eine Erleichterung auftreten kann.“ Wichtig war auch eine penible Nutzen-Risiko-Analyse. Bernhard Matuschek vom VKI: „Es spielt auch eine Rolle, wie gefährlich die Erkrankung ist, gegen die das Mittel helfen soll.“

Bessere Einschätzung

Man wolle den Konsumenten noch bessere Möglichkeiten zur Einordnung bestimmter Präparate geben. „Es ist sinnvoll, bei kleineren Beschwerden mit Hilfe von Medikamenten selbst zu helfen“, findet der Public Health-Experte Piribauer. „Dabei braucht man aber Unterstützung zur Bewertung.“ Generell bemerkt er Verbesserungen. „Der Markt ist dynamisch, die Zusammensetzung der Präparate verbessert sich. So gehe etwa die Zusammensetzung nicht sinnvoller Kombinationen zurück.

Oft wird eine Heilswirkung suggeriert, für die das Präparat gar nicht geeignet ist: Etwa bei Fieberblasen-Cremen, die ab dem ersten Kribbeln wirken sollen. Präparate wie Aciclobene wirken, „wenn überhaupt“, so die Experten, nur exakt in diesem Zeitraum. „Wenn die Fieberblase bereits ausgeprägt ist, ist die Behandlung nutzlos.“

Info

Buchtipp: „100 Medikamente im Test“, herausgegeben vom VKI, Wien 2018,  216 Seiten, 19,90 Euro.

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