Mini-Tumore aus dem Labor könnten Krebstherapie revolutionieren

Ein Forscher hält ein Tablett mit im Labor gezüchteten Organoiden, die die Größe eines Sandkorns haben.
Mit im Labor gezüchtetem, individualisiertem Tumorgewebe soll die Wirksamkeit von Medikamenten vorab getestet werden – noch bevor der Patient oder die Patientin die Therapeutika erhält.

Bei den meisten Krebsarten gibt es dank intensiver Forschungsbemühungen inzwischen erhebliche Behandlungsfortschritte. Manchmal schlagen Medikamente aber nicht an wie gewünscht – oder nicht im erhofften Ausmaß. 

Forschende des Walter and Eliza Hall Institute of Medical Research (WEHI), Australiens ältestem medizinischen Forschungsinstitut an der Universität Melbourne, haben nun herausgefunden, dass Medikamententests an im Labor gezüchteten Mini-Tumoren – sogenannten Tumor-Organoiden – eine Art Prognose ermöglichen könnten, wie gut spezifische Therapeutika bei bestimmen Patientinnen und Patienten wirken.

Effektivität von Behandlungen vorab testen

Konkret könnten Wirkstofftests an Organoiden mit 90-prozentiger Genauigkeit vorhersagen, wie Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenem Darmkrebs auf eine ausgewählte Behandlung ansprechen, heißt es im Fachblatt Cell Reports Medicine dazu. Damit könnte man wiederum die Behandlung besser und gezielter planen – und wertvolle Zeit sparen. Auch bei der Entwicklung und Erprobung neuer Therapieansätze könnte die Methode hilfreich sein.

Doch warum der Fokus auf Darmkrebs?

Darmkrebs ist nach wie vor die zweithäufigste Ursache für krebsbedingte Todesfälle weltweit. Wird er früh entdeckt, kann er gut behandelt werden. Allerdings wird Darmkrebs nur bei rund der Hälfte aller Betroffenen im Anfangsstadium diagnostiziert. Die Krebsart verläuft oft lange symptomlos. Oftmals hat sich der Krebs zum Diagnosezeitpunkt bereits in anderen Teilen des Körpers ausgebreitet.

Und obwohl immer mehr Behandlungsmöglichkeiten für Darmkrebs zur Verfügung stehen, lässt sich derzeit meist nur begrenzt vorhersagen, welche Therapie für den jeweiligen Betroffenen am wirksamsten ist. Mit Vorab-Tests an Mini-Tumoren könnte sich das ändern.

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Tumor-Organoide ahmen Eigenschaften des Krebses nach

Um zu den Erkenntnissen zu gelangen, züchtete man erst 3D-Krebsmodelle aus körpereigenem Gewebe von Patientinnen und Patienten. Bei den Organoiden handelte es sich um Mini-Nachbauten eines Tumors in der Größe eines Sandkorns. Allerdings ahmen die Tumor-Organoide die Eigenschaften des Krebses nach, aus dem sie entstanden sind, einschließlich der Empfindlichkeit gegenüber einer medikamentösen Behandlung. Da aus einer Gewebeprobe eines Betroffenen Hunderte von Organoiden gezüchtet werden können, ist es möglich, eine breite Palette verschiedener Therapieoptionen zu testen.

Laut Peter Gibbs, einer der leitenden Forscher und medizinischer Onkologe, könnten die Ergebnisse das "derzeitige Versuch-und-Irrtum-Verfahren bei der Auswahl einer Krebsbehandlung für Patienten beenden und ihre Lebensqualität verbessern". Gibbs weiter: "Jedes Mal, wenn man einem Patienten eine unwirksame Behandlung gibt, verschwendet man zwei bis drei Monate mit etwas, das nicht funktioniert."

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3D-Struktur eines aus menschlichen Darmkrebszellen gebildeten Organoids.

3D-Struktur eines aus menschlichen Darmkrebszellen gebildeten Organoids. Blau markiert den Zellkern der einzelnen Zelle, grün ist ein Protein, das die einzelnen Zellen zusammenhält, und rot zeigt die Ausrichtung der Krebszellen.

"Optionen mit den höchsten Erfolgschancen wählen"

Das Zeitfenster für eine erfolgreiche Behandlung sei oft begrenzt. Umso entscheidender sei es, "dass wir die Optionen mit den höchsten Erfolgschancen wählen und andere Behandlungen, die wahrscheinlich nicht funktionieren, vermeiden".

"Unsere Ergebnisse zeigen, dass organoide Arzneimitteltests ein potenzieller Wegbereiter für die Krebsbehandlung sind und die Möglichkeit bieten, die personalisierte Medizin und die Betreuung von Klinikern und Patienten durch eine verbesserte Behandlungsauswahl zu revolutionieren."

Auf Basis der gewonnenen Daten soll noch dieses Jahr eine klinische Studie gestartet werden, um zu untersuchen, ob die organoide Arzneimittelprüfung den Weg zur Therapieauswahl für Menschen mit Darmkrebs präziser gestalten kann.

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