Sorge in Australien: Kommt zusätzlich zu Covid eine gewaltige Grippewelle?
Von einer bevorstehenden "beängstigenden Grippe-Saison" ist bereits in australischen Medien die Rede: "Influenza, Rhinoviren (Schnupfenviren, Anm.) und RSV erleben ein rasches Comeback nach Rekord-Tiefstwerten während der Pandemie", schreibt etwa der Sydney Morning Herald.
2021 gab es in Australien gerade einmal 598 registrierte Influenza-Fälle - bedingt durch die Grenzschließungen und alle anderen Covid-Maßnahmen. Heuer waren es bis zum 22. Mai bereits 40.000 Fälle - davon alleine zwischen 9. und 22. Mai an die 26.000 Neuerkrankungen.
Mediziner berichten, dass Spitäler und niedergelassene Ärzte bereits mit einer Unzahl von Grippe- und gleichzeitig auch Covid-Patienten "überrannt" werden. Neben der einsetzenden Grippe-Welle ist das australische Gesundheitssystem auch durch eine steigende Zahl von Covid-Reinfektionen unter zunehmendem Druck.
Die Gesundheitsbehörden von immer mehr ausstralischen Bundesstaaten reagieren bereits auf den starken Anstieg: Die Influenza-Impfung ist zumindest den ganzen Juni hindurch kostenlos erhältlich.
In New South Wales mit der größten australischen Stadt Sydney waren bis zum 22. Mai nur 16 Prozent der Bevölkerung zwischen 5 und 64 Jahren gegen Grippe geimpft. Bisher war in Apotheken die Impfung erst ab einem Alter von zehn Jahren möglich. Um es Familien zu ermöglichen, rascher alle Familienmitglieder auf einmal zu impfen, wurde die Altersgrenze für Impfungen in Apotheken auf fünf Jahre gesenkt. Empfohlen wird die Impfung ab einem Alter von sechs Monaten.
Ausgeweitet wird in ganz Australien auch die Personengruppe, der eine vierte Impfung gegen Covid-19 empfohlen wird: Waren es bisher vor allem die Über-65-Jährigen, so sind es ab sofort auch alle mit einer chronischen Erkrankung bzw. Risikofaktoren für einen schweren Krankheitsverlauf wie starkes Übergewicht ab 16 Jahren.
Die Gesundheitsbehörde des Bundesstaates Queensland warnte kürzlich, dass sich die Influenza-Fälle jede Woche verdoppeln. Wobei dieser Anstieg früher begann als erwartet.
Der Kinderarzt NIck Wood aus Sydney berichtete kürzlich beretis von einem Anstieg von Influenza-Fällen bei Kindern: "Bei den Unter-5-Jährigen sehen wir definitiv mehr Spitalsaufnahmen wegen Grippe als wir sie wegen Covid-19 sahen."
"Der Blick auf die Südhalbkugel nach Australien zeigt einen steilen und deutlich früheren Anstieg der Influenzawelle", schrieb kürzlich Leif Erik Sander, Direktor der Klinik für Infektiologie der Charité - Universitätsmedizin Berlin, auf Twitter: "Darauf müssen wir uns im kommenden Herbst / Winter auch in Deutschland einstellen."
Sorge bereitet den Behörden auch der Umstand, dass rund 600.000 Kinder im Alter unter zwei Jahren noch nie mit einem Grippevirus in Kontakt waren."Das ist doch ein ziemlich großer Teil an kleinen Kindern, die sehr anfällig für eine Infektion sind", sagte die Infektiologin Sheena Sullivan zu ABC News.
Die gute Nachricht: Die Schutzwirkung des Grippe-Impfstoffs ist zumindest derzeit bis jetzt besser als in den vergangenen Jahren. Die Gesundheitsbehörden gehen davon aus, dass bei Personen im Alter bis 65 Jahren rund 50 bis 60 Prozent der Erkrankungen durch die Influenza-Impfung verhindert werden können. Bei den Älteren dürfte die Schutzrate etwas geringer sein. Sollte es zu Erkrankungen trotz Impfung kommen, ist aber davon auszugehen, dass Komplikationen wie Lungenentzündungen seltener auftreten.
Die Virologin Monika Redlberger-Fritz von der MedUni Wien schrieb im April in der Virusepidemiologischen Information, "wie die nächste Saison verlaufen wird, ist nicht vorhersagbar, weder wann sie startet, noch welches Virus dominieren oder wie intensiv sie ablaufen wird." Eines könne jedoch vorausgesetzt werden: "Es wird wieder zu einer Zirkulation der Influenzaviren kommen und dies könnte auch zeitlich mit einer SARS-CoV-2-Welle zusammentreffen."
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