Ariane Roth: Aus einem religiösen Ursprung heraus hat sich das Singen von Weihnachtsliedern für viele Menschen zu einem jährlichen Ritual entwickelt. Zumindest einmal im Jahr an Weihnachten (neben dem obligatorischen „Happy Birthday“) singt man zusammen in der Familie. Bestimmte Lieder wecken schöne, positive Kindheitserinnerungen und schaffen eine nostalgische Verbindung zu vergangenen Weihnachtsfesten.
Das weltweit bekannte Weihnachtslied „Stille Nacht“ ist auch in gewisser Weise ein Hit. Seit Entstehen des Lieds 1818 wird es von groß und klein geliebt, für viele gehört dieses Lied unabdingbar zu Weihnachten. Es ist leicht zu singen, es hat einen berührenden Text und eine wunderschöne, ruhige und festliche Atmosphäre.
Welche Lieder sind geeignet?
Weihnachtslieder sind grundsätzlich eine tolle Möglichkeit, um nach längerer Zeit wieder zu singen. Sie sind beliebt und klappen auch bei ungeübten Sängern und Sängerinnen. Egal welches Lied man wählt, achten Sie immer auf eine angenehme Tonlage. Ich rate für eine positive Singerfahrung dazu, einfach zu hohe oder zu tiefe Töne wegzulassen. Singen sollte immer Spaß machen und nicht wehtun.
Was passiert beim Singen?
Singen hat so viele positive Auswirkungen auf unseren Körper und unsere Psyche: Es fördert das Wohlbefinden und unsere Lebensfreude. Beim Singen wird unsere Atmung tiefer, es gelangt mehr Sauerstoff in den Körper. Singen ist so entspannend wie eine Meditation. Wenn wir singen, dann trainieren wir gleichzeitig unsere Stimm-und Atemmuskeln. Dadurch stärken wir auch unsere stimmliche Präsenz für das Sprechen. Singen ist durch das Ausschütten der Glückshormone wie ein natürlicher Gute-Laune-Booster für unsere Stimmung. Gleichzeitig reduziert Singen auch immer unser Stressempfinden und es stärkt die Körperwahrnehmung und die persönliche Selbstwirksamkeit, ein wichtiger Resilienzfaktor. Menschen, die sich singend verbinden, sind in diesem Moment eine musikalisch harmonische Einheit. Es entsteht ein Zusammengehörigkeitsgefühl und man hat das Gefühl, dazu zu gehören.
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Warum singen Menschen?
Singen ist ein emotionaler, persönlicher Ausdruck, der evolutionär mit dem Sprechen eng verknüpft ist. Es ist eine tief verwurzelte, menschliche Aktivität, die mit der kulturellen Entwicklung verbunden ist. In vielen Ländern gehört Singen als natürliche Form des Selbstausdrucks zur Tradition und spielt eine große Rolle in der gelebten Kultur. In der Volksmusik, in der Popmusik oder beim Schlager ist das gemeinsame Singen ein wichtiges Ritual für Zusammengehörigkeit und ein Gemeinschaftsgefühl.
Ich betone in der Arbeit mit Menschen immer, dass es beim gemeinsamen Singen als Amateur nicht darum gehen sollte, ständig die eigene Stimme (ob beim Sprechen oder Singen) abzuwerten. Dass man ohne Übung beim Singen nicht alle Töne trifft, sollte nicht abschrecken. Im Gegenteil: Jedes Mal, wenn man singt, werden die Stimmlippen und die eigene Wahrnehmung für den Körper und die Stimme „trainiert“ und gestärkt.
Was ist das Schöne am Singen?
Was ich persönlich liebe, ist das Gefühl im Körper während des Singens. Probieren Sie Folgendes aus: Summen Sie sanft verschiedene Töne und legen Sie dabei die Handfläche auf den Brustkorb. Genießen Sie die spürbare Resonanz im Körper durch die Vibration der Stimme im Oberkörper. Wenn sich die Stimme in meinem Körper ausbreitet, vom Kopf bis zu den Zehenspitzen, und ich meine Stimme in den Raum nach außen schicke, fühle ich mich glücklich, frei.
Können Sie z. B. „Last Christmas“ noch singen?
Jeder Song hat seine eigene Schönheit, wie ich finde. „Last Christmas“ ist ein großartiger Song, der mehr Tiefe hat, als man denkt. Er schafft es, uns von der ersten Sekunde in eine weihnachtliche Vorfreude zu versetzen. Ich liebe diesen Song jedes Jahr aufs Neue!
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