„Slapped cheek disease“ lautet eine ältere englische Bezeichnung, „Ohrfeigenkrankheit“ quasi: Hochrote Wangen können ein Symptom einer Infektion mit dem Parvovirus B19 sein, das die Ringelröteln auslöst. Das Zentrum für Virologie der MedUni Wien meldete jetzt in seiner jüngsten Ausgabe der Virusepidemiologischen Information „gehäuft Nachweise“. – „Momentan haben wir eine starke Welle“, sagt Monika Redlberger-Fritz, MedUni Wien.
„Mit den Röteln hat das aber gar nichts zu tun“, betont die Virologin. „Das ist lediglich eine zufällige Namensgleichheit im deutschen Sprachraum. Röteln werden durch das Rubella-Virus ausgelöst, die Ringelröteln durch das Parvovirus B19.“ International gebräuchlich ist auch die Bezeichnung „Fifth Disease“, fünfte Krankheit, weil sie neben Scharlach, Masern, Windpocken (Feuchtblattern) und Röteln einen Ausschlag verursachen kann.
Die Übertragung erfolgt über Tröpfchen von Mensch zu Mensch. „Aber nur die Hälfte der Kinder zeigt tatsächlich Symptome, die andere Hälfte scheidet das Virus aus, ohne dass man weiß, dass sie infektiös sind – und so stecken sich die Erwachsenen an“. Bei diesen sind sogar zwei Drittel ohne Symptome.
Ringelröteln sind meist harmlos, mit einer Ausnahme: Steckt sich eine schwangere Frau an, kann dies für das ungeborene Kind lebensbedrohlich sein. „Es kann zu einer Anämie (Blutarmut) kommen.“ Denn das Virus infiziert Vorläuferzellen der roten Blutkörperchen und stört so die Blutbildung, was im schlimmsten Fall zur Blutarmut führt. Im Gewebe des Kindes können sich Flüssigkeitsansammlungen bilden, die den Fötus gefährden.
Ultraschallkontrollen können das Baby retten
Gibt es in einer Familie einen Fall von Ringelröteln, muss eine Schwangere untersuchen lassen, ob sie durch eine Infektion in der Kindheit immun ist – „dann kann nichts passieren“. Ist sie das nicht, muss sie zwölf Wochen lang zwei Mal die Woche zum Ultraschall, um eine Blutarmut des Kindes frühzeitig zu erkennen. „Mit einer Bluttransfusion über eine Nabelschnurpunktion kann dem Kind in vielen Fällen das Leben gerettet werden.“
Bereits im Juni berichteten die Virologen David Springer und Lukas Weseslindtner von der MedUni Wien von sechs Schwangeren, "bei denen an unserem Zentrum eine akute Infektion mit dem Parvovirus B19 diagnostiziert wurde". Ihnen mussten "mehrwöchige, engmaschige Ultraschallkontrollen in pränatalen Spezialzentren empfohlen werden".
In der starken Aktivität des Parvovirus B19 sieht Redlberger-Fritz keine pandemiebedingte „Nachholwelle“. „Es kommt alle paar Jahre, meist im Abstand von rund fünf Jahren, zu einer großen Parvovirusepidemie – zuletzt war das 2018 der Fall.“
Der Grund dafür: Hat das Virus in einer Welle viele Menschen angesteckt, ist das Potential der Infizierbaren ausgeschöpft. "Dann zirkuliert es die nächsten Jahre weniger, bis sich wieder eine größere Population aufgebaut, die es infizieren kann."
Auch die Sommergrippe ist häufig
Gehäuft sind derzeit auch Infektionen mit Entero- und Adenoviren, die als „Sommergrippe“ bezeichnet werden. Es kann sich um einen reinen Atemwegsinfekt handeln, es kann aber auch zu Durchfall kommen. Adenoviren können bei Kindern teilweise über viele Tage hohes Fieber verursachen, ohne irgendein anderes Symptom. Komplikationen sind sehr selten.
Etwas verlängert ist heuer die Saison der klassischen Schnupfenviren, der Rhinoviren. „Wir haben immer noch eine sehr starke Rhinovirus-Aktivität, mit der zunehmenden Hitze wird sie aber nachlassen." Ein "gewisses Grundrauschen" gebe es bei den Rhinoviren aber das ganze Jahr hindurch, "sie sind nie ganz weg". Heuer habe aber eine höhere Virusaktivität länger angehalten.
West-Nil-Virus bleibt bisher aus
Und noch eine Beobachtung gibt es: „In diesem Sommer sind in ganz Europa noch keine Fälle von West-Nil-Fieber aufgetreten.“ Normalerweise treten die ersten Fälle Mitte Juni auf. "Das ist schon erstaunlich, zumal es ja so viele Gelsen gibt." Aber offenbar zirkuliert das Virus derzeit nur sehr wenig in Vögeln, und wird daher auch wenig von Gelsen auf den Menschen übertragen. "Wie so oft in der Virologie können wir das derzeit nur beobachten, eine Erklärung haben wir dafür aber noch nicht."
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