Neue Hoffnung gegen resistente Pilzinfektionen

Eine neu entdeckte Substanz bekämpft multiresistente Pilze auf völlig neue Art.

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Zusammenfassung
- Eine neu entdeckte Substanz, Mandimycin, zeigt Wirksamkeit gegen multiresistente Pilzinfektionen und könnte Amphotericin B ersetzen.
- Mandimycin zerstört Phospholipide in Pilzzellmembranen und ist weniger schädlich für Mäusenieren, hat jedoch potenzielle Nebenwirkungen.
- Weitere Forschung ist notwendig, um die Sicherheit von Mandimycin sicherzustellen, bevor klinische Studien beginnen.
Viele Medikamente gegen Bakterien oder Pilze kommen von Mikroorganismen. Sie nutzen Stoffe, die diese Lebewesen selbst bilden, um sich gegenseitig zu bekämpfen.
Ein Beispiel ist das Polylen Amphotericin B, das aus Aktinobakterien der Art Streptomyces nodosum gewonnen wird. Entdeckt wurde es 1955 in einer Bodenprobe nahe dem Orinoco-Flusses in Venezuela. Es wird bei Pilzinfektionen der Schleimhaut im Mund- und Rachenraum verschrieben wird und ist in Form von Lutschtabletten, Suspensionen und Injektionen erhältlich ist.
Suche nach neuen Mitteln schwierig
Wie bei Antibiotika können Pilze resistent gegen solche Mittel werden, besonders wenn sie zu oft verwendet werden. Gleichzeitig wird es immer schwerer neue Wirkstoffe in der Natur zu finden, weil Forschende weltweit seit Jahren danach suchen und oft dieselben oder ähnliche Stoffe entdecken.
Eine neue Idee des Forscherteams um den Mikrobiologen Zongqiang Wang am State Key Laboratory of Natural Medicines war nun, gezielt nach Fällen zu suchen, in denen die Natur selbst durch ständige Anpassung neue Substanzen entwickelt hat. Man analysierte eine Datenbank mit über 300.000 Bakteriengenomen und erstellte einen Stammbaum der Gene, die an der Herstellung von Polyenen beteiligt sind. Dabei fanden die Fachleute Gencluster, die sich im Laufe der Zeit verändert hatten. Einer dieser Cluster im Bakterium Streptomyces netropsis produzierte eine neue Substanz, die sie Mandimycin nannten – nach Wangs Tochter Mandi.
Die Forschenden testeten Mandimycin an Mäusen, die mit einem resistenten Stamm des Pilzes Candida albicans infiziert waren. Sie injizierten den Tieren vier Tage lang täglich zehn Milligramm Mandimycin pro Kilogramm Körpergewicht.
Alle Mäuse überlebten, während ohne Behandlung alle starben. Zum Vergleich: Bei derselben Dosis Amphotericin B überlebten fünf von sechs Mäusen.
Mandimycin erwies sich auch als wirksam gegen multiresistente Formen von Cryptococcus neoformans, einem Pilz, der sich vor allem bei Personen, die mit HIV leben, lebensbedrohlich auswirken kann, sowie gegen Candida auris, einen gefährlichen Hefepilz, der seit über zehn Jahren als resistent gegen alle wichtigen Medikamente gilt.
Weitere Forschungen notwendig
Das Besondere an Mandimycin: Anders als andere Polyene, wie eben Amphotericin B, greift es nicht Ergosterol an. Ergosterol ist eine Substanz, die die Zellmembran von Pilzen stabilisiert. Die Zellmembran wiederum ist eine dünne Hülle, die die Zelle umschließt und ihren Inhalt von der Umgebung trennt. Mandimycin zerstört die so genannten Phospholipide, die die Grundsteine der Zellmembran selbst sind.
Expertinnen und Experten begrüßen die Entdeckung, sehen aber noch Forschungsbedarf. Mandimycin scheint etwa die Nieren von Mäusen zwar weniger zu schädigen als Amphotericin B, kann aber andere schwerwiegende Nebenwirkungen haben.
Grundsätzlich könnte daraus aber ein wasserlösliches, oral verabreichbares Medikament entwickelt werden – ein großer Vorteil gegenüber bisherigen injizierbaren Antimykotika.
Allerdings gibt es noch offene Fragen zur Sicherheit. "Wir müssen sehr gründlich forschen, um zu gewährleisten, dass es sicher ist bevor wir in klinische Studien gehen", betont Wang.
Die Studie wurde in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht
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