Nobelpreis-Woche startet: Heute werden die ersten Gewinner bekannt gegeben

Nobelpreiszeremonie
Auftakt macht der begehrte Nobelpreis für Physiologie oder Medizin. Wer unter den Favoriten ist.

Jedes Jahr am ersten Montag im Oktober wartet die Medizin-Fachwelt auf die Bekanntgabe des renommierten Nobelpreises für Physiologie oder Medizin. Die Preisträger sind streng geheim und nur ein kleiner Kreis weiß Bescheid. Selbst die Gewinner werden erst am selben Tag der Bekanntgabe verständigt.

Getroffen wird die Entscheidung von der Nobelversammlung des Karolinska-Instituts in Stockholm. Zwar ist noch nicht öffentlich, wer der oder die Gewinner sind, allerdings gibt es Spekulationen, wer heuer den begehrten Preis erhalten könnte. Der Preis für Medizin könnte Fortschritte bei der Behandlung von Brustkrebs und bei pränatalen Biopsien auszeichnen oder die neuen mRNA-Impfstoffe.

mRNA-Technologie oder Brustkrebsforschung?

Wie auch im Vorjahr kämen dann etwa Katalin Karikó und Drew Weissman in Frage. Sie arbeiteten maßgeblich an der Entwicklung der mRNA-Technologie. Ohne diese gäbe es die beiden wichtigen Covid-Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna heute nicht. Auch weitere Forscher aus dem Bereich der mRNA-Impfungen könnten zu den Preisträgern zählen, etwa Derrick Rossi, ein Mitgründer von Moderna, Pieter Cullis, Nahum Sonenberg oder Noubar Afeyan.

Weitere Favoriten sind Forscher, deren wissenschaftliche Arbeiten in den vergangenen Jahren häufig in renommierten Fachzeitschriften zitiert wurden. Dazu zählen etwa der Demenz-Forscher Masato Hasegawa und die Alzheimer-Forscherin Virginia Man-Yee Lee. Sie lieferten Beiträge zur Erforschung neurodegenerativer Krankheiten, darunter auch ALS (amyotrophe Lateralsklerose).

Ebenfalls eine Favoritin: Mary-Claire King. Die US-Genetikerin zeigte im Jahr 1990 unter anderem, dass ein einziges Gen für viele Brustkrebserkrankungen verantwortlich ist. Ein weiterer Genetiker, Stuart H. Orkin, könnte für seine Forschung zu genetischen Grundlagen von Blutkrankheiten und für die Förderung der Gentherapie für Sichelzellenanämie ausgezeichnet werden.

Friedensnobelpreis inmitten des Ukraine-Kriegs

Umstritten ist heuer die Verleihung des Friedensnobelpreises, die durch den Ukraine-Krieg überschattet ist. Die Liste der dafür Nominierten ist geheim; bekannt ist nur, dass dieses Jahr die Namen von 343 Personen und Organisationen eingereicht wurden. Die Frist für die Nominierung von Friedensnobelpreisträgern endete am 31. Jänner - also knapp einen Monat vor Beginn des russischen Einmarschs in die Ukraine. Dennoch könnte der Preis ein Signal an Moskau sein, denn die fünf Mitglieder des norwegischen Nobelpreiskomitees konnten Ende Februar auch eigene Vorschläge einbringen.

"Höchstwahrscheinlich wird es sich um einen Preis zur Unterstützung von Institutionen handeln, die Informationen über Kriegsverbrechen sammeln", sagt der schwedische Professor Peter Wallensteen, ein Experte für internationale Angelegenheiten. Preisträger in diesem Sinne könnten der Internationale Strafgerichtshof in Den Haag oder das investigative Recherche-Netzwerk Bellingcat sein. Als weitere Preisträger werden der inhaftierte Kreml-Kritiker Alexej Nawalny und die weißrussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja gehandelt.

Preis gar nicht vergeben?

"Einige Leute denken, es wäre die stärkste Aussage zum Zustand der Welt, den Preis gar nicht zu vergeben", sagt Wallensteen. Findet sich kein würdiger Empfänger, kann das Nobelkomitee auf die Verleihung des Friedenspreises verzichten. Das war zuletzt vor 50 Jahren der Fall.

Dan Smith, Direktor des Stockholmer Friedensforschungsinstituts SIPRI, hält es jedoch auch für möglich, dass das Nobelkomitee die Klimakrise in den Fokus rückt - zum Beispiel mit der Auszeichnung von Umweltaktivisten wie der Schwedin Greta Thunberg, der Sudanesin Nisreen Elsaim, dem Ghanaer Chibeze Ezekiel oder dem britischen Naturforscher und Tierfilmer David Attenborough.

Literaturnobelpreis mit Botschaft

Der Literaturnobelpreis ist in der Regel weniger politisch. Aber dieses Jahr könnte auch diese Auszeichnung eine deutliche Botschaft an die russischen Kriegsherrn sein. Die unverblümte Kreml-Kritikerin Ljudmila Ulitzkaja war in den vergangenen Jahren bereits als Kandidatin gehandelt worden. In Anbetracht des Krieges könnte die russische Autorin nach Einschätzung von Literaturkritikern dieses Jahr den Preis tatsächlich bekommen.

Mehrere andere Anwärter - Joan Didion aus den USA, die Britin Hilary Mantel und der Spanier Javier Marías - starben allesamt in den vergangenen Monaten. 2020 und 2021 entschied sich die Schwedische Akademie, mit dem Preis wenig bekannte Autoren ins Rampenlicht zu stellen. Bleibt abzuwarten, ob sie sich diesmal für einen populäreren Preisträger entscheidet. Als mögliche Gewinner werden wieder einmal die US-Romanautorin Joyce Carol Oates und der Japaner Haruki Murakami gehandelt, außerdem die Franzosen Michel Houellebecq und Annie Ernaux.

Verliehen seit 1901

Revolutionäre Anwendungen von Licht in der Physik und die Pioniere der bioorthogonalen Chemie, die sich auf Reaktionen in einem lebenden System konzentriert, die dessen Biochemie nicht stören, gelten als potenzielle Gewinner in diesen Fachbereichen.

Die begehrten Preise werden seit 1901 in den Kategorien Physiologie/Medizin, Physik, Chemie, Literatur und Friedensbemühungen vergeben. Sie sind mit jeweils zehn Millionen schwedischen Kronen (rund 913.770 Euro) dotiert. Das Geld stammt aus dem Vermögen des schwedischen Erfinders und Industriellen Alfred Nobel. Die eigentliche Verleihung der Preise erfolgt am 10. Dezember, Nobels Todestag.

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