Meniskus-Transplantat: Neue Stoßdämpfer fürs Knie
Keines der großen Gelenke ist so anfällig für Verletzungen wie das Knie, vor allem der Meniskus macht vielen Probleme. Der sichelförmige Knorpel federt Stöße ab und bewahrt so das Kniegelenk vor Schäden. Wird der Meniskus verletzt, indem er etwa durch eine ruckartige Drehbewegung beim Sport reißt, wird er üblicherweise genäht oder entfernt. Oft ersetzen die übrigen Knorpel im Knie seine Funktion.
Das ist allerdings nicht immer der Fall. „Treten bis zu einem Jahr nach einer Meniskus-Entfernung oder Teilentfernung immer noch Schmerzen und Schwellungen auf, muss das hinterfragt werden. Bei manchen kann ein Spender-Meniskus sinnvoll sein, mit dem die Patienten ihr Gelenk wieder ohne Einschränkung verwenden können“, sagt Orthopäde Georg Brandl. Der Oberarzt im Herz-Jesu Krankenhaus in Wien ist einer der wenigen Spezialisten, die Menisken in Österreich transplantieren.
Wer in Frage kommt
Die Operationstechnik ist allerdings nur für eine kleine Gruppe von Patienten möglich. Sie dürfen keine Fehlstellung und keine weiteren Knorpelschäden aufweisen. Brandl: „Sind die Knorpel schon stark abgenützt, kommt der Schmerz von dort. Einen neuen Meniskus einzusetzen, würde nichts bringen, da auch dieser schnell wieder kaputt wird – er wird durch die Knorpelschäden quasi zerrieben.“ Typischerweise sind für eine Transplantation geeignete Patienten zwischen 20 und 50 Jahre alt, bei älteren sind Abnutzungen der Knorpel wahrscheinlicher.
Die Transplantation eines Meniskus erfolgt arthroskopisch, das heißt über sehr kleine Schnitte wird eine Kamera eingeführt. Der Operateur sieht den Gelenksinnenraum auf einem Bildschirm und kann so den neuen Meniskus einnähen. Das dauert etwa eine Stunde. Anschließend muss das Knie ruhig gestellt werden. Der Patient trägt für etwa sechs Wochen eine Schiene, wobei nach und nach mithilfe von Physiotherapie immer mehr Bewegung möglich ist. „Der Spender-Meniskus verwächst sehr gut mit der Gelenkskapsel. Der Vorteil ist, dass man mit dem Transplantat alles machen kann wie zuvor, selbst Leistungssport ist wieder möglich“, erklärt Brandl.
Kaum Wartezeiten
Die Methode entstand bereits in den 1980er Jahren. Damals wurden Menisken gleich, nachdem sie vom Spender entnommen wurden, transplantiert. Heute werden sie bei Gewebebanken, meist in den USA oder Italien, bestellt. Dort werden sie dem Spender wie bei einer Operation entnommen, in einer Lösung aufbereitet und bei minus 80 Grad in flüssigem Stickstoff aufbewahrt. Für den Empfänger des Meniskus gibt es daher kaum Wartezeit. Mittels MRT (Magnetresonanztomographie) wird vermessen, wie groß der Meniskus sein muss. Zusätzlich sollten auch Körpergröße und Alter von Spender und Empfänger in etwa übereinstimmen.
„Der Meniskus besteht fast ausschließlich aus Kollagen (ein Eiweiß). Daher sind Abstoßungsreaktionen – wie man sie zum Beispiel von Leber- oder Nierentransplantationen kennt – ausgeschlossen“, sagt Orthopäde Philipp Heuberer, der gemeinsam mit Kollegen Brandl die Methode seit 2015 im Herz-Jesu Kranknehaus in Wien durchführt. Pro Jahr transplantieren sie etwa fünf bis zehn Menisken.
In anderen Ländern, etwa Großbritannien, werden Menisken auch prophylaktisch transplantiert. Das bedeutet, gleich nachdem der eigene Meniskus entfernt wurde. Ziel ist, auf diese Weise Gelenksabnützungen (Arthrose) zu vermeiden. Laut Orthopäden Brandl reduziere dies zwar Schmerzen, es gäbe aber keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Abnützungen tatsächlich verhindert werden.
Erste internationale Nachuntersuchungsdaten würden aber zeigen, dass die Operationstechnik an sich langfristig erfolgreich ist. Die transplantierten Menisken sind laut auch zehn Jahre nach der Operation noch voll funktionstüchtig – sofern es zu keinen neuerlichen Verletzungen kommt.
Was Standard ist
Kommt zu einem Meniskuseinriss, muss im Großteil der Fälle der gerissene Gewebeteil entfernt werden. Dies geschieht im Rahmen einer Arthroskopie „Ein gerissener Meniskusteil klemmt sich im Gelenk ein und verursacht mechanische Probleme, die zu Schmerzen führen“, sagt Orthopäde Georg Brandl. Außerdem kommt es durch den Reibeffekt zu einer beschleunigten Abnutzung der noch vorhandenen Knorpelstruktur – eine frühzeitige Arthrose ist die Folge. „Eine Naht ist nur dann erfolgreich, wenn sich der Riss im äußeren, durchbluteten Meniskusdrittel befindet – und es ein glatter Riss war.“ Je schlechter das Gewebe durchblutet ist, desto geringer sind bei einer Naht die Heilungschancen.
Heute versuche man, im Rahmen der Arthroskopie so wenig Meniskusgewebe zu entfernen wie nur möglich.
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