Was die Diagnose Lungenkrebs heute bedeutet
Franz Buchberger hatte Glück. „2002 erkrankte ich an Lungenkrebs, bin aber geheilt“. Sein Tumor wurde im Rahmen einer Operation an den Stimmbändern zufällig entdeckt. Er erhielt zwölf Zyklen Chemotherapie, ein Teil seines linken unteren Lungenlappens wurde entfernt.
Der ehemalige Schuldirektor war seit seinem 16. Lebensjahr starker Raucher: „Zigaretten waren damals in. Wenn ich abends weggegangen bin, sind es in Summe pro Tag schon zwei, drei Packungen geworden, die ich geraucht habe.“ Seit damals hat er keine Zigarette mehr angerührt. Nun engagiert er sich in der Selbsthilfegruppe „Lungenkrebsforum Austria“. Am 25. April wird Franz Buchberger Gast beim KURIER Gesundheitstalk „Lungenkrebs“ sein (Infos siehe unten).
Meist späte Diagnose
Anders als bei Buchberger wird bei vielen Patienten der Krebs zu spät erkannt. Er macht lange Zeit kaum oder keine Symptome. „Es handelt sich um einen rasch wachsenden Tumor, den man meist nur durch Zufall entdeckt. Erst, wenn er Husten verursacht oder als Beispiel auf umgebende Strukturen drückt, macht er sich bemerkbar“, sagt Univ.-Prof. Christoph Zielinski, Leiter des Comprehensive Cancer Center (CCC) der MedUni Wien / AKH Wien.
Große Fortschritte
Lange war Lungenkrebs eine „Killer-Diagnose“, nach wie vor zählt die Erkrankung zu den am schwierigsten behandelbaren Krebsarten. „Doch mittlerweile gibt es große Fortschritte in der Therapie“, sagt Maximilian Hochmair, Leiter der onkologischen Ambulanz und Tagesklinik, Otto-Wagner-Spital, Wien. „Noch vor neun Jahren war klar: Jeder Patient bekommt Chemotherapie, Lungenkrebs ist Lungenkrebs. Nun wissen wir, dass es genetisch sehr unterschiedliche Erkrankungen gibt, die gezielt behandelt werden können.“
Molekulare Veränderungen nachweisen
30 Prozent aller Lungentumore stehen unter molekularer Kontrolle, die dazu führt, dass der Krebs ungehemmt wachsen kann. Mit moderner pathologischer Diagnostik ist es möglich, diese molekularen Veränderungen im Tumorgewebe nachzuweisen, für die es dann die entsprechenden Medikamente gibt. „Das ist Präzisionsmedizin, mit der wir viel bessere Ergebnisse als mit Chemotherapie erzielen und das Leben der Patienten deutlich verlängern können“, sagt Zielinski. Auch in der Diagnostik hätte sich viel getan: „Hier ist die Revolution das sogenannte PET-CT, eine Kombination aus der Nuklearmedizin mit Computertomografie, mit der man die Ausbreitung des Tumors besser als früher sehen und eine nötige Operation exakter planen kann“, so Zielinski.
Immuntherapie bremst Tumor aus
Im Jahr 2015 kam die Immuntherapie dazu, mit deren Hilfe der Tumor ausgebremst wird. Dabei werden Antikörper eingesetzt, die jene Mechanismen blockieren, die bösartige Tumore verwenden, um das Immunsystem in seiner Funktion zu unterdrücken. „Wir wissen heute, dass ein Drittel der Lungenkrebspatienten von der Immuntherapie alleine profitiert. Ziel ist, jene Patienten, die das nicht tun, für die Immuntherapie zugänglich zu machen, indem man Chemo- oder Strahlentherapie mit Immuntherapie kombiniert. So können Tumore, die nicht auf Immuntherapie sensibel sind, sensibel gemacht werden,“ sagt Hochmair.
Auch palliativmedizinisch hat sich vieles verbessert, betont er: „Die größte Angst der Patienten im Endstadium betrifft das Ersticken. Das ist heute nicht mehr der Fall, weil wir die Betroffenen viel besser behandeln können.“ Das betrifft Schmerzen ebenso wie andere Symptome, etwa Luftnot.
Alle Infos zur Veranstaltung
Gesundheitstalk am 25. April 2018
Lungenkrebs ist das Thema des KURIER-Gesundheitstalks am Mittwoch, 25. April.
Teilnehmer: Gabriele Kuhn ( KURIER) spricht mit Univ.-Prof. Christoph Zielinski, Leiter des Comprehensive Cancer Center, MedUni Wien/AKH Wien, Dr. Maximilian Hochmair, Leiter der onkologischen Ambulanz und Tagesklinik im Otto-Wagner-Spital in Wien sowie Franz Buchberger, Obmann der Selbsthilfegruppe „Lungenkrebsforum Austria“.
Veranstaltungsort: Um 18.30, Van Swieten-Saal der MedUni Wien, 1090 Wien, Van Swietengasse 1a, Ecke Währinger Straße. Der Eintritt ist frei.
Nichtraucherschutz und Prävention
„Bei den Lungenkrebserkrankungen gibt es in Österreich leider immer noch steigende Tendenz“, sagt Maximilian Hochmair. Rauchen ist der entscheidende Faktor. Jede Zigarette kostet 1,5 Minuten Lebenszeit. Am Beispiel der USA zeigt sich jedoch, was ein besserer Nichtraucherschutz bewirken kann: „15 Jahre nach dessen Einführung in den 1990er-Jahren, haben sich die Lungenkrebserkrankungen um die Hälfte reduziert“, so Hochmair.
In Österreich ist der Trend gegenläufig. Österreich ist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern diesbezüglich letztplatziert. Univ.-Prof. Christoph Zielinski dazu: „Die Regierung hat hier das Wohl der Bürger aus den Augen verloren.“
Auch Franz Buchberger, Obmann der Selbsthilfegruppe Lungenkrebsforum Austria sagt: „Es ist sehr bedauerlich, wie es hierzulande um die Prävention steht. Dass mit der Gesundheit der Bevölkerung politisches Kleingeld gemacht wird, ist schäbig.“
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