Die wichtigste Regel: Nicht unkontrolliert, sondern in der niedrigst möglichen Dosierung und nicht länger als nötig anwenden.
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Gruppe von Wirkstoffen
Umgangssprachlich wird meist nur von „Kortison“ gesprochen, medizinisch geht aber es um eine ganze Wirkstoffgruppe, die sogenannten Glukokortikoide. „Man darf das nicht in einen Topf werfen, es ist eine sehr heterogene Gruppe“, erklärt Zeitlinger. Die Einsatzgebiete seien zwar „extrem vielfältig“, die erwünschte Wirkung aber im Grunde immer gleich. „Grob gesagt, wenn eine Entzündung reduziert werden soll.“ Der Mechanismus dahinter: Glukokortikoide können anders als andere Entzündungshemmer direkt in die Zellen gelangen. Dort unterbinden sie die Entwicklung der entzündungsauslösenden Botenstoffe.
Seit vor rund 60 Jahren die ersten Medikamente entwickelt wurden, gibt es mittlerweile eine Vielzahl auf dem Markt. „Es gibt unterschiedliche Präparate, die auch unterschiedlich potent sind. Manche verfügen über einen kortisonreduzierenden Effekt. Dazu wurden andere entzündungshemmende Medikamente entwickelt, die mit Glukokortikoide kombiniert werden können, viele davon verfügen über einen kortisonreduzierenden Effekt.
Unerwünschte Effekte
Bei diesen unerwünschten Effekten muss laut Zeitlinger einerseits zwischen der Anwendungsart und der -dauer unterschieden werden. Vor allem bei systemischer Anwendung ist das Risiko höher. Die Anwendung erfolgt meist in Form von Tabletten oder als Injektion, dadurch gelangt der Wirkstoff auch in den Blutkreislauf – und wirkt im ganzen Körper.
Das reduziert bei chronischen Erkrankungen wie Multipler Sklerose, Autoimmunerkrankungen wie Rheumatoide Arthritis oder entzündlichen Darmerkrankungen sowie Gelenksentzündungen zwar rasch die schmerzhaften Entzündungen. Allerdings mitunter mit Nebenwirkungen wie Osteoporose, Magenerkrankungen oder dem „Cushing-Syndrom“.
Davor haben viele Patienten Angst, weil es aufgrund von Wassereinlagerungen zu einer Gewichtszunahme im Bauchbereich, im Gesicht und im Nacken („Stiernacken“) kommt. Diese seien aber durch die langjährigen Erfahrungen in den Griff zu bekommen, betont Zeitlinger. „Einzelne Präparate kann man heute sehr genau dosieren und die Nebenwirkungen sind gut vorhersagbar.“ In der Therapie wird das daher genau gesteuert.
Unterschiedliche Anwendungen
Bei einer lokalen Anwendung ist die Gefahr von Nebenwirkungen geringer als bei systemischer. Glukokortikoide wirken hier nämlich direkt, etwa als Creme auf der Haut sowie als Spray für die Atemwege. Bei dieser rein äußerlichen Anwendung gelangen die Entzündungshemmer üblicherweise nicht oder kaum in den Blutkreislauf.
Bei Hauterkrankungen wie Neurodermitis oder Schuppenflechte habe sich die Anwendung bei korrekter Dosierung vielfach bewährt, beruhigt Zeitlinger besorgte Eltern. „Für Kinder mit Neurodermitis sind die Hautreaktionen oft eine Qual. Dieser Teufelskreis muss durchbrochen werden, da machen Glukokortikoide auch Sinn.“ Bei rein äußerlichen Anwendungen auf der Haut werden zudem weiterentwickelte Glukokortikoide verwendet. Diese seien bereits so aufbereitet, dass keine Auswirkungen auf Stoffwechselprozesse zu erwarten sind.
Ausschleichen
Dass vor allem systemische Glukokortikoide nicht plötzlich abgesetzt, sondern kontrolliert reduziert werden sollen, hat übrigens einen gewichtigen Grund. Dieser ist vielen Patienten nicht bewusst. Kortison kommt auch im Körper vor und wird als Hormon in der Nebenniere gebildet. „Wird es von außen zugeführt, reduziert der Körper seine eigene Produktion“, erklärt Zeitlinger. „Setzt man das Medikament zu rasch ab, erreicht die körpereigene Produktion das normale Level nicht so schnell.“
Es kommt zum sogenannten Rebound (engl. Rückstoß), dem mitunter verstärkten Wiederauftreten von Symptomen. Durch das langsame Absetzen der Arznei kann sich der Körper besser auf die Veränderung einstellen.
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