Klimawandel: In welchen Städten die meisten Hitzetoten erwartet werden

Vor allem im Mittelmeerraum wird mit einem starken Anstieg der Hitzetoten gerechnet.
Zusammenfassung
- Klimawandel könnte bis 2099 in europäischen Städten zu mehr als 2,3 Millionen zusätzlichen temperaturbedingten Todesfällen führen.
- Selbst große Anpassungsanstrengungen reichen möglicherweise nicht aus, um die Gesundheitsrisiken durch Hitze vollständig auszugleichen, besonders im Mittelmeerraum.
- Es besteht dringender Handlungsbedarf, um den Klimawandel abzuschwächen und Anpassungsmaßnahmen zu ergreifen, um gesundheitliche und gesellschaftliche Kosten zu minimieren.
Der Klimawandel wird laut Berechnungen britischer Forscherinnen und Forscher zu einem deutlichen Anstieg der Hitzetodesfälle in Europa führen. Gleichzeitig werden kältebedingte Todesfälle zurückgehen, allerdings in einem Ausmaß, das den Anstieg der hitzebedingten Sterblichkeit nicht übertrifft.
Laut der Studie könnte es bis zum Jahr 2099 in 854 europäischen Städten zu mehr als 2,3 Millionen zusätzlichen temperaturbedingten Todesfällen kommen, wenn nicht Maßnahmen ergriffen werden.
Die Studie legt nahe, dass selbst enorme Anstrengungen zur Anpassung der Städte an die veränderten Temperaturen nicht ausreichen würden, um die erhöhten Gesundheitsrisiken durch Hitzeeinwirkung auszugleichen, insbesondere in den am stärksten gefährdeten Regionen wie dem Mittelmeerraum, Mitteleuropa und dem Balkan.
Den Berechnungen zufolge werden folgende zehn europäische Städte bis zum Ende des Jahrhunderts voraussichtlich die meisten temperaturbedingten Todesfälle verzeichnen:
- Barcelona (Spanien) 246.082
- Rom (Italien) 147.738
- Neapel (Italien) 147.248
- Madrid (Spanien) 129.716
- Mailand (Italien) 110.131
- Athen (Griechenland) 87.523
- Valencia (Spanien) 67.519
- Marseille (Frankreich) 51.306
- Bukarest (Rumänien) 47.468
- Genua (Italien) 36.338
Geringste Belastung in Irland, Litauen, Estland und Lettland
Aber auch viele kleinere Städte auf Malta, in Spanien und Italien werden wahrscheinlich besonders stark von temperaturbedingten Todesfällen betroffen sein, schreiben die Wissenschafterinnen und Wissenschafter. Außerhalb des Mittelmeerraums dürften die Auswirkungen weniger gravierend sein.
Zum Vergleich: In Paris berechneten die Forschenden mit 13.515 temperaturbedingten Sterbefällen einen geringeren aber immer noch signifikanten Anstieg. In den meisten Städten der britischen Inseln und in skandinavischen Ländern wird hingegen ein Nettorückgang der Todesfälle erwartet, etwa in London (-27.455). Die geringste Belastung sei in Irland, Litauen, Estland und Lettland zu erwarten.
"Unsere Ergebnisse unterstreichen die dringende Notwendigkeit, sowohl die Abschwächung des Klimawandels als auch die Anpassung an die zunehmende Hitze energisch voranzutreiben. Die ist besonders im Mittelmeerraum von entscheidender Bedeutung, wo die Folgen verheerend sein könnten, wenn nichts unternommen wird. Aber wenn wir einen nachhaltigeren Weg einschlagen, könnten wir bis Ende des Jahrhunderts Millionen von Todesfällen vermeiden", sagt Pierre Masselot, Hauptautor der Studie.
Anzumerken ist, dass die Zahlen zwar Genauigkeit suggerieren, es handelt sich aber nur um Schätzwerte einer großen Spannbreite möglicher Ergebnisse.
Große Unsicherheiten bei Berechnungen
Betont wird, dass die Studie große Unsicherheiten birgt – zwar sei unbestritten, dass die physiologische Belastung durch Hitze bei fortschreitendem Klimawandel global zu mehr vorzeitigen Todesfällen führen werde. Allerdings ist noch unklar, wie gut die Anpassung an die veränderten Temperaturen gelingen wird. "Wie die Autoren diskutieren, zeigen verschieden Studien, zum Beispiel auch aus der Schweiz, dass sich die Bevölkerung an höhere Temperaturen gewöhnt und die Sterblichkeit bei heißem Wetter über die Zeit tendenziell abnimmt. Das liegt an Verhaltens- und Infrastrukturanpassungen – zum Beispiel Klimaanlagen – sowie eventuell auch an physiologischen Anpassungen", sagt Martin Röösli vom Schweizerischen Tropen- und Public-Health-Institut Basel (Swiss TPH) in Basel.
Neben Sterbefällen werden auch andere Auswirkungen auf die Gesundheit erwartet. Die hitze- oder kältebezogene Sterblichkeit sei "nur die Spitze des Eisberges", meint etwa Barbara Schumann von der Linnaeus University in Schweden. "Unfälle auf vereisten Gehwegen und Straßen können in Zukunft zunehmen, wenn klimawandelbedingt Temperaturschwankungen um den Gefrierpunkt zunehmen. Auch Erkrankungen aufgrund von Hitzewellen dürften in der Zukunft steigen. Diese nichttödlichen temperaturbedingten Gesundheitsfolgen implizieren gesellschaftliche Kosten durch eine Belastung des Gesundheitssystems und Arbeitsausfälle", so Schumann.
Laut der Expertin bräuchte es "unverzügliche und kraftvolle Anpassungsmaßnahmen", etwa Frühwarnsysteme, eine Anpassung des Gesundheitssystems und langfristige städtebauliche Planungen.
Kommentare