Die Wälder hoch im Norden kippen und werden zu CO₂-Schleudern

CANADA-ENVIRONMENT-CLIMATE-COP27-FORESTS
Die boreale Zone, die sich über Sibirien, Alaska, Kanada und Skandinavien, war einst einer der wichtigsten CO₂-Speicher des Planeten – doch nun könnte sie zum größten unkontrollierten Emissionsfaktor der Welt werden.

Es sind keine gute Nachrichten, die eine Studie im Wissenschaftsmagazin Nature Climate Change herausgefunden hat: Jahrtausendelang war die Region der Arktis und der borealen Wälder einer der größten Kohlenstoffspeicher der Erde. Doch eine neue Studie zeigt nun: Ein Drittel der Region stößt mittlerweile mehr CO₂ aus, als es speichert. Mit den immer rasanter steigenden Temperaturen setzt das Permafrostgebiet Millionen Tonnen von Treibhausgasen frei – und verstärkt damit die Klimakrise.

Wo ist das?

Die boreale Zone, die sich über Sibirien, Alaska, Kanada und Skandinavien erstreckt, hat seit der letzten Eiszeit große Mengen an Kohlenstoff in gefrorenem Boden und Vegetation gespeichert. Doch laut der neuen Analyse von Forschenden des Woodwell Climate Research Center und der Universität Oulu (Finnland) hat sich dieser jahrtausendalte Prozess nun umgekehrt: Mehr als 30 Prozent der arktischen Böden sind mittlerweile eine Netto-Quelle für CO₂. Berücksichtigt man auch die zunehmenden Waldbrände, steigt dieser Wert auf 40 Prozent. Das bedeutet, dass große Teile der Region nun zur globalen Erwärmung beitragen, anstatt sie zu bremsen.

„Zum ersten Mal sehen wir diesen Wandel in solch einem großen Maßstab über die gesamte Tundra verteilt“, sagt die Co-Autorin der Studie, Dr. Sue Natali zum britischen Guardian. „Das ist ein riesiges Alarmsignal.“

Warum stößt die Arktis plötzlich CO₂ aus?

Die Ursachen für diesen dramatischen Umschwung sind komplex: In vielen Teilen Alaskas und Sibiriens führt das Auftauen der Dauerfrostböden dazu, dass Millionen Jahre altes organisches Material plötzlich zugänglich wird. Mikroben zersetzen es – und setzen dabei große Mengen Methan und CO₂ frei. Satellitenbilder zeigen zwar, dass viele Regionen der Arktis grüner werden. Pflanzen wachsen durch wärmere Temperaturen besser, was zunächst mehr Kohlenstoff binden könnte. Doch sobald der Boden instabil wird und "kippt", werden gewaltige Mengen an gespeicherten Emissionen freigesetzt. Von Kanada bis Sibirien nehmen Feuer durch trockenere Sommer stark zu. Zwischen 2002 und 2020 verursachten Brände jährlich 237 Millionen Tonnen Kohlenstoff.

„Die Natur reagiert schneller, als unsere Klimamodelle bisher vorhergesagt haben. Das bedeutet, dass wir diesen Bereich viel genauer überwachen müssen“, erklärt im Guardian die Hauptautorin der Studie, Dr. Anna Virkkala. Laut der Studie gibt es bereits deutliche Trends, die sich in den kommenden Jahrzehnten fortsetzen könnten. Das Zeitfenster für Gegenmaßnahmen schließt sich, jede weitere Erwärmung kann das Auftauen der Permafrostböden beschleunigen und weitere Emissionen freisetzen. Und die steigende Zahl von Feuerereignissen könnte den letzten Kohlenstoffpuffer der Arktis endgültig zerstören.

Link zur Studie auf der Nature-Webseite (englisch)

 

Kommentare