Welche alten Medizin-Weisheiten heute noch gelten

Das Bild zeigt zwei Hände knapp über einem Waldboden, aus dem kleine Blumen sprießen. "Berühren Sie täglich mindestens einmal die Erde", lautet einer der 100 Tipps in dem neuen Buch von Johannes Huber und Yasmina Kobza.
In seinem neuen Buch hat der Mediziner und Theologe Johannes Huber die ältesten medizinischen Lehren der Welt nach Anwendungen durchforstet, die heute noch Gültigkeit haben.

Neandertaler-Skelette und Schädel, die man in Höhlen in Spanien und Israel gefunden hat, haben eines gemeinsam: In Zahnbelägen fanden sich Rückstände der Schafgarbe. Doch diese schmeckt bitter und hat wenig Nährwert. 

"Die Neandertaler hatten sie offenbar genutzt, um ihre Beschwerden zu lindern", schreiben die Journalistin Yasmina Kobza und der Mediziner und Theologe Johannes Huber – Kolumnist im KURIER „leben“-Magazin – in ihrem neuen Buch "Weltwissen Heilung: 100 Tipps aus 5.000 Jahren Medizingeschichte".

KURIER: Was können wir heute von Tausende Jahre alten Erkenntnissen lernen?

Johannes Huber: Mediziner aus unterschiedlichen Kulturen und Epochen kamen unabhängig voneinander immer wieder zu ähnlichen Erkenntnissen. Deshalb sprechen wir auch von einem Weltwissen. Diese Erkenntnisse sind bis heute gültig und halten auch einer Überprüfung nach modernen medizinischen Kriterien stand.

Das Bild zeigt ein Porträt des Mediziners und Theologen Johannes Huber.

Der Mediziner und Theologe Johannes Huber hat alte Medizinlehren auf auch heute gültiges Wissen überprüft: "Was ist Aberglauben und was echte Weisheit, mit der tatsächlich Heilung verbunden ist?"

Das zeigt das Beispiel mit der Schafgarbe. Ihre entzündungshemmende und blutstillende Wirkung wird seit Jahrtausenden genützt. Wir haben u. a. in Schriften aus dem alten Ägypten, aus der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), der antiken Griechen und der Römer, des islamischen Heilers Avicenna, des jüdischen Philosophen Maimonides oder der Äbtissin Hildegard von Bingen nachgelesen. 

Und wir haben überprüft: Was ist Aberglauben und was echte Weisheit, mit der tatsächlich Heilung verbunden ist?

Haben Sie noch ein Beispiel für universelles Wissen?

Der biologische Prozess der Fermentation. In Japan gibt es die gekochten und fermentierten Sojabohnen, die nomadischen Reitervölker aus dem Kaukasus nützten Stutenmilch für die Produktion von Kefir. Und bei uns ist das fermentierte Kraut, das Sauerkraut, ein Beispiel.

Als vor Kurzem ein Forschungsteam Blut-, Speichel-, Urin- und Stuhlproben einer 2024 verstorbenen, 117 Jahre alten Spanierin auswerteten, machte es eine interessante Entdeckung: Das Darmmikrobiom der Frau war reich an Milchsäurebakterien, wie sie etwa in Joghurt, Kefir oder Sauerkraut enthalten sind.

Der erste Tipp in Ihrem Buch lautet „Haben Sie immer Salbei daheim“. Warum beginnen Sie gerade damit?

Salbei wird seit Jahrtausenden in vielen verschiedenen Kulturen verwendet, das zeichnet ihn aus. Der griechische Arzt Pedanios Dioskurides, einer der bekanntesten Ärzte der Antike, empfahl ihn bereits im ersten Jahrhundert nach Christus unter anderem gegen Husten oder „übermäßige Feuchtigkeit“, also gegen starkes Schwitzen.

Salbei enthält verschiedene Polyphenole, Pflanzeninhaltsstoffe, die einerseits antibiotisch wirken – also das Wachstum von Bakterien hemmen bzw. sie sogar abtöten – und andererseits auch das Immunsystem stimulieren und kräftigen.

Welche Tipps aus dem Buch beherzigen Sie selbst?

Viele! Vor 25 Jahren habe ich von Carl Djerassi, dem Entwickler der ersten Verhütungspille, bulgarische Kefirknollen geschenkt bekommen. Ich gieße sie regelmäßig mit Milch auf. Zwei Mal in der Woche seihe ich dann durch ein Sieb den fertigen Kefir ab und trinke ihn. Das mache ich seit 25 Jahren so. 

Am Wochenende esse ich zu den Hauptmahlzeiten immer Knoblauch und als Nachspeise eine Zitrone, ein altes Rezept aus der jüdischen Tradition.

Aber bereits die alten Ägypter, Griechen und Römer nutzten die heilende Wirkung des Knoblauchs – er erweitert u. a. die Blutgefäße und hat dadurch eine leicht senkende Wirkung auf den Blutdruck. Die Zitrone neutralisiert teilweise die Geruchsstoffe des Knoblauchs. Oder ich trinke nach Hauptmahlzeiten immer wieder grünen Tee – er bremst Entzündungen und fördert die Gesundheit unserer Zellen.

"Wir haben überprüft: Was ist Aberglauben und was echte Weisheit, mit der tatsächlich Heilung verbunden ist?"

von Mediziner und Theologe Johannes Huber

Täglich gehe ich auch rund eine Stunde im Wald spazieren. Wir müssen mehr auf unseren "inneren Arzt" hören, in uns hineinspüren, was uns gut tut, die Bedürfnisses des Körpers sensibel wahrnehmen. 

Ein Tipp im Buch lautet einfach „Schreiben Sie“. Auch den setzen Sie persönlich um, Sie publizieren jährlich ein bis zwei Sachbücher.

Wenn man etwa abends seine Gefühle und Gedanken aufschreibt, kann das eine entlastende, entspannende Wirkung haben, Stress senken und den Schlaf positiv beeinflussen – das haben auch Studien gezeigt. Mir selbst macht das Schreiben einfach große Freude. Wobei ja in meinem Fall vor dem Schreiben das Lesen von Fachliteratur kommt. Beides ist für mich sehr erfüllend.

Was hat es mit dem Tipp „Nutzen Sie die Heilkraft des Vergebens“ auf sich?

Das ist für mich heute das Wichtigste überhaupt. Der steirische Bischof Wilhelm Krautwaschl schreibt in seinem Buch "Die Macht des Vergebens", Vergebung würde uns auf vielen Ebenen heilen. Das ist auch medizinisch erwiesen, wir können damit etwa innere Spannungen und depressive Verstimmungen mildern. 

Heute dominiert aber in unserer Gesellschaft oft das Prinzip des Vergeltens und der Rache über dem des Verzeihens. Letztlich schaden wir uns nur selbst damit. Auch anhaltende Feindseligkeit richtet sich letztlich gegen uns selbst und lässt die Lebenszufriedenheit sinken.

Buchtipp: "Weltwissen Heilung. 100 Tipps aus 5.000 Jahren Medizingeschichte"

46-220178833

Johannes Huber, Yasmina Kobza: "Weltwissen Heilung. 100 Tipps aus 5.000 Jahren Medizingeschichte." edition a, 304 Seiten, 28 Euro.

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